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Kultur: Kellerkind

Sie stand in Flammen. Im rosa Tuturöckchen kochte die Dreijährige sich Hot Dogs, drehte sich vor Entzücken um sich selbst, als das Kleid Feuer fing.

Sie stand in Flammen. Im rosa Tuturöckchen kochte die Dreijährige sich Hot Dogs, drehte sich vor Entzücken um sich selbst, als das Kleid Feuer fing. Wochenlang war sie im Krankenhaus – bis die Eltern sie kidnappten. Sie hatten ihre eigenen Ansichten über das Heilen von Brandwunden. „In jungen Jahren zu leiden,“ so die Mutter, „tut jedem gut. Es stärkt den Körper und die Seele.“

Mit dieser ersten Erinnerung beginnt Jeannette Walls die unglaubliche Geschichte ihrer Kindheit, einer Odyssee quer durch Amerika. Sie leben in Wohnwagen und Hütten ohne Heizung, ohne Strom, schlafen in Kartons, in Kellern und zwischendurch in einem richtigen Haus. Nur in dem Schloss aus Glas, das der Vater verspricht, wohnen sie nie. Die Mutter, eigentlich Lehrerin, malt und schreibt, der Vater träumt und trinkt, die Kinder lesen, lernen und sehen zu, wo sie was zu essen herkriegen. Während sie hungern, verschlingt die Mutter heimlich unter der Wolldecke Schokolade. Das brauche sie.

Jeannette Walls, heute erfolgreiche Kolumnistin in New York, zum zweiten Mal und nunmehr glücklich verheiratet, erzählt ihre Familiengeschichte so packend wie schnörkellos. Dabei gelingt ihr das schier Unmögliche: nicht bitter, sondern ehrlich zu sein, das Schöne so akkurat wie das Schreckliche zu beschreiben. Ein ergreifendes Buch.

Dieses Buch bestellen Jeannette Walls: Schloss aus Glas. Roman. Aus dem Amerik. von U. Wasel und K. Timmermann. Hoffmann und Campe, Hamburg. 384 Seiten, 19,90 €.

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