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Kultur: Kennen Sie den?

Wenn das Handy nicht mehr klingelt: die chinesisch-deutsche Schmonzette „I Phone You“

Interkulturelle Verständigung heißt, dass ein Deutscher, wenn er mit einer Chinesin redet, einen Satz immer erst auf Deutsch sagen muss (fürs deutsche Publikum), bevor er seine Aussage dann auf Englisch kurz zusammenfasst (für die Chinesin). In „I PhoneYou“, dem Spielfilmdebüt der Regisseurin Dan Tang, versteht trotzdem keiner irgendwen und irgendwas, es bemüht sich auch niemand darum – und das soll dann lustig sein oder charmant.

Ist es aber nicht. Das enttäuscht angesichts der Tatsache, dass das Drehbuch zu dieser Schmonzette von „Sommer vorm Balkon“-Autor Wolfgang Kohlhaase stammt. Worum geht’s? Die hinreißend hübsche, aber bestürzend naive junge Chinesin Ling Ling (Jiang Yiyan) arbeitet als Clownin und hat eine Affäre mit dem Geschäftsmann Yu, der ihr ein iPhone schenkt, um in Verbindung zu bleiben, wenn er wieder in seiner Business-Heimat Berlin ist. Da werden Einzeiler gesimst und Einzeiler telefoniert (mit hübsch bunten Sprechblasen-Untertiteln), viel zu sagen haben sich die beiden nicht. Ling fährt trotzdem nach Berlin, der – verheiratete – Yu schickt aber nur seinen Mitarbeiter Marco (Florian Lukas) zum Flughafen. Ah, ein Liebesfilm? Nö. Ling rammt dem sympathischen Icke-Typen gleich beim ersten Annäherungsversuch das Knie zwischen die Beine, strahlt ihn im Folgenden aber weiter an, was ihn wiederum zu Annäherungsversuchen animiert, denen sie wiederum entflieht, was ihn wiederum nicht stört. Seltsam!

Vielleicht ein kulturelles Missverständnis? Sicher, aber ein bisschen patenter könnte Ling schon sein. Sie fragt Passanten: „Do you know Yu?“ – „Wie sieht er denn aus?“ – „He is good-looking“ – „Ich kenne keine Chinesen“. Auf ihrem arg- und planlosen Weg durch ein sommerliches Reiseführer-Berlin – über das Ling sich vor ihrem Trip aber auch wirklich gar nicht informiert zu haben scheint, wozu hat sie ihr Smart(!)phone? – trifft sie schluffige Studis, polnische Handwerker, türkische Taxifahrer, russische Russenmützenverkäufer und vietnamesische Schnittblumenmafiosi, eine Typen-Revue ohne Mehrwert. Berlin ist bunt? Pilskneipen und Asylbewerberheime gibt’s auch? Ling jedenfalls ist konsequent unbeeindruckt.

Yu kennt der Zuschauer indes nur vom Handyvideo und als Telefonstimme. Bis er doch auftaucht und von der enttäuschten Ling mit einem Buttermesser angepiekst wird, was wohl als Wendepunkt in Lings Entwicklungsprozess funktionieren soll. Messer statt Message, Klischee statt Kommunikation. Mit Marco ist natürlich auch nichts. Also: Abreise. „Wir können ja telefonieren.“ Jan Oberländer

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