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Berlinale-Eröffnung: Den Mut feiern

Politisches Bekenntnis, bewegende Momente: Die Eröffnungsgala der 61. Internationalen Filmfestspiele würdigt Jafar Panahi und verspricht ein aufregendes Festival.

Alle sind sie aufgestanden, alle. Erhoben sich von ihren Sesseln, standen da, applaudierten anhaltend – ein Saal der Solidarität. Schon möglich, dass der Brief, den Jafar Panahi, der im Iran eingesperrte Regisseur, auf welchem Weg auch immer der Berlinale zukommen ließ und den Jurypräsidentin Isabella Rossellini soeben verlesen hat, ihm noch mehr Repression einbringen wird. Aber er wollte es so, das hat er Dieter Kosslick noch am Mittwoch ausdrücklich am Telefon mitgeteilt, und das Einzige, was man hier im Berlinale-Palast machen kann, ist eben: aufstehen und applaudieren, demonstrieren mitten in Berlin für den mutigen Mann im Iran, der sich das Träumen, wie er schreibt, nicht verbieten lassen wird. Der weiterträumen will, trotz der sechs langen Jahre der verhängten Haft, die er antreten muss, falls die Berufung gegen das Urteil vom Dezember scheitert. Trotz der 20 Jahre Berufsverbot, die schon jetzt über ihn verhängt sind. Träumen und hoffen auf eine dann bessere, freie Welt.

Ein ergreifender Abschluss der Eröffnungsfeier der Berlinale, am Donnerstagabend am Marlene-Dietrich-Platz. Eine unerwartete, manchen rührende Wendung, sogar in Klaus Wowereits Augen schimmerten Tränen, als der Brief verlesen wurde. Ein Moment des Innehaltens, der Anteilnahme aber auch, der wiederholt vorbereitet worden war in den Worten der Akteure auf der Bühne. Ein Anschlag auf die Freiheit eines Filmemachers sei nichts anderes als ein Anschlag auf die Freiheit überhaupt, hatte Kulturstaatsminister Bernd Neumann gemahnt und dabei neben dem Iran auch China erwähnt. Wie schon bei der Pressekonferenz am Vormittag, auf der die Jury vorgestellt wurde, war für ihr Mitglied Jafar Panahi ein leerer Stuhl mit seinem Namen auf die Bühne gestellt worden.

Es gab einen zweiten Moment des Innehaltens: die Erinnerung an Bernd Eichinger, der „einer der ganz Großen des Films“ gewesen sei, wie Neumann sagte. Und Kosslick erinnerte daran, dass Jurymitglied Nina Hoss mit der Titelrolle in Eichingers Regiedebüt „Das Mädchen Rosemarie“ überhaupt entdeckt wurde, und nun werde der Film ihm zu Ehren noch einmal gezeigt. Die übrigen Programmteile des Abends dann glamouröse Routine, unterhaltsam allemal, das garantierten schon Moderatorin Anke Engelke mit ihrer charmanten Schnodderigkeit und Kosslick mit seinem „funny English“, dem zur Feier seiner zehnten Berlinale gleich noch ein Film gewidmet wurde – von seinen Mitarbeitern zusammengeschnittene Szenen früherer Auftritte, „The Best of Dieter“ sozusagen.

Mit „ordentlich Rums in der Hose“ (Originalton Anke) hatten die Beatsteaks aus Berlin losgerockt, donnernd und dröhnend. Im Saal viel deutsche Filmprominenz von Mario Adorf, Dieter Ballhaus, Tom Tykwer, Heike Makatsch über Wim Wenders, Maria Schrader, Benno Fürmann, Burghart Klaussner, Iris Berben, Christiane Paul bis zu Jan Josef Liefers, Dani Levy, Dominik Horwitz und Katrin Sass. Die Politik war unter anderem durch Claudia Roth, Walter Momper und Dirk Niebel vertreten, den Anke Engelke zum Wirtschaftsminister erklärte, ein winziger Fauxpas, durch einen Scherz – „War’s gut?“ – schnell ausgebügelt.

Dem Dresscode „Cowboy Boots“ war kaum jemand gefolgt, nicht mal Jeff Bridges, Star des Eröffnungsfilms „True Grit“, der wie Filmpartnerin Hailee Steinfeld, Filmbösewicht Josh Brolin und natürlich die Coen-Brüder heftig beklatscht wurde. Ein gelungener Start, in den heiteren wie den nachdenklichen Momenten.

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