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CITY Lights: Hunde, wollt ihr ewig lesen?

Wiederholt wurde im Arsenal über die Probleme aktueller Filmkritik debattiert. Heute Abend wird dort eine neue Filmzeitschrift vorgestellt: Silvia Hallensleben blättert darin.

„Cargo“, ein mutiges Projekt der Herausgeber Bert Rebhandl und Simon Rothöhler, wenn man die vielen gescheiterten Unternehmungen anspruchsvoller Filmpublizistik seit dem Untergang der „Filmkritik“ 1986 bedenkt. Ambitionen legt auch diesmal schon der Name nahe, der sich assoziativ an der Praxis sogenannter Cargo-Kulte auflädt, fremdkulturelle Objekte fetischistisch zu vergöttern. Das erste Heft, das von einem reichhaltigen Online-Auftritt begleitet wird, bewegt sich mit, unter anderem, Kritiken von Michael Althen und Diedrich Diederichsen, einer enggeführten Berlinale-Rückschau und einem Essay über den Filmtheoretiker Jonathan Beller geschickt zwischen Aktualität und grundsätzlicher Debatte. Eher rätselhaft dagegen das Vorhaben, die Zeitschrift heute durch den begleitenden Film „erläutern“ zu lassen – schließlich bietet Samuel Fullers White Dog für sich genug Stoff zur Debatte. Die auf einem Erlebnis von Romain Gary basierende Geschichte über die Umerziehung eines auf Schwarze abgerichteten Kampfhundes erscheint wie die Reduktion US-amerikanischer Horrorfantasien auf ihre gesellschaftliche Basis. Die Paramount hatte der Film jahrelang vom Markt gehalten, weil er im Zeitgeist der frühen achtziger Jahre wie ein störender Wiedergänger aus dunkler rassistischer Zeit erschien.

Fullers Filme seien „attraktiv gealtert“, schreibt Rainer Knepperges in seinem Cargo-Text zu „White Dog“, „ihre Reize werden immer markanter“. Schreiben so Männer unter sich? Fasziniert von den markant gealterten Reizen seiner Hauptdarstellerin Gloria Swanson war drei Jahrzehnte zuvor auch Billy Wilder. Sein so anderer und doch ähnlich düster-komischer Boulevard der Dämmerung (im Filmkunst 66, Freitag und Sonnabend) scheint an Theatralik ebenso überzuborden wie Fullers expressiv-greller Stil. Dabei sind beide übernah an der Wirklichkeit. Nicht nur, dass DeMille, Buster Keaton und Klatschkolumnistin Hedda Hopper sich bei Wilder selbst spielen. Auch der grandiose Erich von Stroheim steckte als zum Butler degradierter ehemaliger Entdecker seiner Ex-Frau in einer Rolle, die nicht allzu weit von seiner Lebensrealität entfernt war.

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