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CITY Lights: Jeanne, Joan, Johanna

Sie war nie ein Kassenmagnet, man konnte ihr keine Liebesaffären andichten: Jeanne d'Arc. Frank Noack studiert die Weltkarriere eines französischen Mythos.

Jeanne d'Arc genießt keinen Persönlichkeitsschutz, daran hat auch ihre Heiligsprechung nichts geändert. Jeder kann einen Film über sie drehen. Und es wurde viel gedreht. Als Filmheldin war sie so beliebt wie Cleopatra, Madame Dubarry oder Elizabeth I. Doch ein Kassenmagnet war sie nie. Man konnte ihr keine Liebesaffären andichten, schöne Kleider hat sie auch keine getragen. Sie hat sich der Frauenrolle verweigert und mit dem Schwert gekämpft, das macht sie für einige Zuschauerinnen attraktiv. Wäre da nur nicht die Stimme Gottes, der sie folgt!

Luc Besson hat für seine Version alles Religiöse ignoriert und die Action in den Mittelpunkt gestellt: Milla Jovovich zeichnete die Figur als durchgeknallte Vorstadtgöre. Das Zeughauskino widmet sich nun dem Filmmythos Jeanne d’Arc; sogar eine Nazi-Version gibt es, in der Johanna als Vorläuferin von Adolf Hitler ein eigenes Heer aufbaut. Das einzige unumstrittene Meisterwerk zum Thema, Carl Theodor Dreyers La passion de Jeanne d'Arc (1928), konzentriert sich auf die Gerichtsverhandlung und das Ende auf dem Scheiterhaufen (Sonntag). Zum Entsetzen seiner Geldgeber ließ Dreyer ein ganzes Dorf nachbauen, das dann im fertigen Film kaum zu sehen war. Die Hauptdarstellerin Maria Falconetti musste stundenlang barfuß auf einem Steinboden ausharren, selbst wenn die Kamera nur ihr Gesicht zeigte. Alles sollte echt sein, die Häuser ebenso wie die ausgetrockneten Lippen der Heldin.

Solch eine Behandlung hätte sich Geraldine Farrar niemals gefallen lassen. Die Opernsängerin legte für Cecil B. DeMilles Joan the Woman (1917) die Rüstung an (Freitag). Joan the Woman? Jeanne d'Arc wurde mit 19 Jahren hingerichtet. Farrar und Falconetti waren Mitte dreißig und hatten nichts Mädchenhaftes an sich. Farrar lebte zudem in wilder Ehe mit Arturo Toscanini. Sie unternahm keinen Versuch, als heilige Johanna jung, brav oder heilig zu wirken. Das mag unhistorisch sein, ist aber glaubhafter. Vom Alter her ideal war Jean Seberg, die mit 17 in Saint Joan (1957) debütierte (Sonnabend und Dienstag). Otto Preminger behandelte das Thema betont unpathetisch und sachlich. Das Ergebnis war weder Dreyer-Kunst noch DeMille-Kommerz, aber man beobachtet fasziniert eine unerfahrene Darstellerin, die noch nicht ahnt, dass sie bald eine Legende sein wird.

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