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CITY Lights: Original und Fälschung

Frank Noack kennt das Vorbild für die DDR-Nationalhymne

Sie gehörten zu derselben Generation und haben denselben Beruf ausgeübt. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass sich Peter Kreuder und Hanns Eisler jemals begegnet sind. Der eine komponierte frech-frivole Lieder für Trude Hesterberg, Marlene Dietrich und Josephine Baker, während der andere sich dem Klassenkampf widmete. Und dennoch sind sie durch ein paar Takte verbunden. Wer „Goodbye Jonny“ vor sich hersingt, dem kann es passieren, dass er bei „Auferstanden aus Ruinen“ landet, so sehr ähneln sich Passagen aus dem Refrain.

Das Arsenal widmet Eisler eine Filmreihe, zu der auch Kuriositäten gehören. So wählerisch wie in der Weimarer Republik konnte er in Hollywood nicht mehr sein; da kam es schon mal vor, dass er zu einem knallbunten Piratenfilm eine spätromantische Partitur verfasste, nach dem Krieg arbeitete er an einem „Bel Ami“-Remake mit Johannes Heesters (28. Oktober). Sein ambitioniertester Exilfilm war Fritz Langs Hangmen Also Die!, der 1942 als Reaktion auf die Massaker von Lidice entstand (Sonntag und Montag). Als Komponist erfuhr Eisler eine doppelte Zensur. Aus Rücksicht auf das US-Publikum durfte er keine Themen verwenden, die mit kommunistischen Organisationen assoziiert wurden. Auf das andere Extrem verfiel das Defa-Sinfonieorchester, das die Partitur 1984 „vereislerte“ und den tschechischen in einen rein kommunistischen Widerstand umwandelte. Das Arsenal präsentiert die Originalversion.

Die Musik von Peter Kreuder hat einen Hollywoodfilm veredelt. Willi Forsts Mazurka (1935) wurde bei Warner Bros. neu verfilmt, und der Produzent bestand darauf, Kreuders Partitur zu übernehmen. (Mittwoch, Eva-Lichtspiele). „Mazurka“ gehört zum Genre des Mutter-Melodrams. Forst hatte Angst vor seiner eigenen Geschichte und bat Kreuder, die besonders heiklen Stellen mit lauter Musik zu untermalen – um das Publikumsgelächter zu übertönen. Die Sorgen waren unbegründet. „Mazurka“ gehört zu den Filmen, die gerade wegen ihrer emotionalen Exzesse zu Herzen gehen.

Noch bis zum Sonntag findet im Kleisthaus (Mauerstraße 53) eine Veranstaltung statt, die sich dem unbekanntesten skandinavischen Filmland widmet. Norwegen hat, im Gegensatz zu Island und Finnland, keine Regiepersönlichkeit hervorgebracht, die sich über einen längeren Zeitraum international durchsetzen konnte. Dabei fehlt es nicht an bekannten Titeln. Die Veranstalter haben an jedem Tag zwei thematisch verwandte Inszenierungen im Programm. Heute sind selbstbewusste Mädchen in Rettet Tigger! und Sofies Welt zu bewundern (10 und 12 Uhr). Die Veranstaltung endet mit der Wahl eines Lieblingsfilms, und mit der Hoffnung, noch umfangreichere Retrospektiven zu erleben.

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