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CITY Lights: Politik und Propaganda

Wenn ein Film fast einhellig abgelehnt wird, zugleich aber lebhafte Diskussionen auslöst, dann war die Mühe der Herstellung nicht umsonst: Dieser schwache Trost ist bei Oskar Roehlers Berlinale-Beitrag „Jud Süß – Film ohne Gewissen“ angebracht. Frank Noack denkt über Formen des Nazi-Films nach

Er hat, wieder einmal, Diskussionen darüber ausgelöst, wie frei man mit historischen Fakten umspringen darf. Und er hat, vielleicht, das Interesse am Film im Nationalsozialismus wiederbelebt. Bei Roehler wird das Phänomen der „subtilen Propaganda“ angesprochen. Nur: Was wäre dann plumpe Propaganda – und hat es einen Film ohne Propaganda in diesem Regime überhaupt gegeben?

Ungeklärt bleibt oft auch die Frage, wofür ein Film Propaganda betreibt. Hans Steinhoffs Rembrandt (1942) etwa kostete rund vier Millionen Reichsmark, mehr als doppelt so viel wie „Jud Süß“. Goebbels muss viel an dem Projekt gelegen haben. Zum deutschen Maler-Heroen wurde Rembrandt zwar nicht gerade umgedichtet – der NS-Kulturbetrieb wollte mit diesem Werk offenbar den Respekt vor einer anderen Nation bezeugen, die politisch nicht mehr gefährlich war. Der Film (Mittwoch in den Eva-Lichtspielen) ist ein schwerblütiges Drama, zu dessen Höhepunkten eine von Gisela Uhlen beängstigend intensiv gespielte Geburts- und Sterbeszene gehört. Die Originalgemälde wurden für die Dreharbeiten nicht freigegeben, daran zeigten sich die Grenzen von Goebbels’ Macht. Also wurden – mit Erfolg – Gefängnisse nach Kunstfälschern durchsucht, die den holländischen Meister kopieren konnten.

Ohne jeglichen Kunstanspruch wurde der Kinderfilm Bravo, kleiner Thomas hergestellt, der noch im Februar 1945 seine Uraufführung erlebte. Aus heutiger Sicht sind es gerade jene Billigfilme, die eine Ahnung vom Alltag im Dritten Reich vermitteln (Sonntag im Babylon Mitte). Die Geschichte von Thomas hat durch ihren historischen Kontext an Reiz gewonnen. Der Junge schießt seinen Fußball ins Schaufenster eines Bäckermeisters und muss schnell den Schaden von 36 Reichsmark ersetzen, ansonsten werden seine Eltern informiert. Zu sehen ist dieses Kuriosum beim 7. Fußballfilmfestival 11 mm, das erstmals mit einer Kinder- und Jugendfilmreihe aufwartet. Dazu gehört auch Fimpen der Knirps (1974), ein Fremdkörper im Werk des schwedischen Meisterregisseurs Bo Widerberg. Die Entwicklung eines sechsjährigen Jungen zum Nationalspieler wird eher märchenhaft als gesellschaftskritisch wiedergegeben, und dass Fimpen wegen des Trainings die Schule vernachlässigt, ändert wenig am optimistischen Ton (Sonnabend).

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