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CITY Lights: Trumans Show

Frank Noack sieht zwei Sixties-Ikonen doppelt.

In der Welt des Theaters ist es völlig normal, dass ein Stück von mehreren Bühnen gleichzeitig gespielt wird, manchmal sogar in derselben Stadt. Konkurrenz belebt das Geschäft – und die Kunst. Ähnliches gilt für den Buchmarkt. Je mehr Publikationen zu einem Thema erscheinen, desto attraktiver erscheint es – und die miteinander konkurrierenden Bücher machen zugleich Werbung füreinander. Beim Film gelten andere Regeln. Milos Forman fiel mit „Valmont“ durch, weil es schon Stephen Frears’ „Gefährliche Liebschaften“ gab. Oder: Jahrelang bereiteten Oliver Stone und Baz Luhrmann Porträts über Alexander den Großen vor; als bei Stone die erste Klappe fiel, gab Luhrmann auf.

Der Selbstdarsteller Truman Capote hätte seine Freude daran gehabt, dass auch über ihn gleich zwei Filme hintereinander gedreht wurden. Während Philip Seymour Hoffman vor zwei Jahren seinen Oscar für Bennett Millers „Capote“ entgegennahm, war das Konkurrenzprojekt Infamous längst abgedreht. Ins Kino kam es, zumindest in Deutschland, nie. Unter dem Titel Kaltes Blut finden nun immerhin zwei Vorführungen statt (heute und Dienstag im Filmkunst 66). So dicht der Film thematisch an „Capote“ dran ist – es geht um Capotes Lebensphase während der Arbeit an „Kaltblütig“ –, so dezidiert setzt Regisseur Douglas McGrath andere Akzente. Er widmet sich ausführlicher dem New Yorker Partyleben des Schriftstellers und setzt reichlich Stars ein, etwa Sandra Bullock, Sigourney Weaver, Isabella Rossellini und Peter Bogdanovich. Etwas übertrieben betont er Capotes romantische Gefühle für den Mörder Perry Smith (Daniel Craig). Keinen Vergleich mit Seymour Hoffman braucht der Londoner Bühnendarsteller Toby Jones zu scheuen.

Eine weitere Sixties-Ikone, die die Fantasie der Filmemacher beflügelt hat, war Edie Sedgwick, Prototyp aller drogensüchtigen Magermodels. Im Frühjahr 1965 begegnete sie Andy Warhol, der sie zum Star aufbaute. Sedgwick konnte nicht viel, aber sie konnte sich stylen, und so schmückte sie die schmuddelige Underground-Kultur. Ab Mittwoch, es ist der 80. Geburtstag Warhols, kann man Sienna Miller in „Factory Girl“ bewundern; für die Rolle war auch Katie Holmes im Gespräch, aber ihr Gatte Tom Cruise hatte moralische Bedenken. Auch Mike Nichols plante einen Sedgwick Film (mit Natalie Portman). Ein paar Monate nach dem Tod des Originals im November 1971 erlebte Ciao Manhattan seine Weltpremiere auf der Berlinale. Edie Sedgwick spielt in David Weismans Pseudo-Doku, was sie am besten konnte: sich selbst. Ein Partygirl, das sich schminkt, auf eine Party geht, und wieder geht (Dienstag im White Trash Fast Food Berlin / Schönhauser Allee 6 - 7).

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