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CITY Lights: Unter die Haut

Nur wenigen Comic-Zeichnern ist es gelungen, Multiplexe zu füllen, so wie Frank Miller mit „300“ und „Watchmen“. Bei dem 1946 geborenen Bill Plympton ist solch eine Entwicklung nicht nur unwahrscheinlich, sie ist auch gar nicht erstrebenswert.

Nur wenigen Comic-Zeichnern ist es gelungen, Multiplexe zu füllen, so wie Frank Miller mit „300“ und „Watchmen“. Bei dem 1946 geborenen Bill Plympton ist solch eine Entwicklung nicht nur unwahrscheinlich, sie ist auch gar nicht erstrebenswert. Denn seine Spezialität ist der kurze, makabre Sketch. Seine wenigen Langfilme hatten nicht dieselbe Wirkung wie die Pausenfüller, die in den Kindertagen des Musiksenders MTV für Furore sorgten. Das Filmkunst 66 würdigt ihn unter dem Motto Sex & Violence: The Best of Bill Plympton, und das an jedem letzten Wochenende des Monats (Freitag 28.8., Sonnabend 29.8.). Der Titel der Veranstaltung ist irreführend, denn Plympton ist weder ein Erotomane noch gewaltverliebt. Was ihn fasziniert, ist sein Interesse an der – vorsichtig ausgedrückt – Dehnbarkeit und Veränderbarkeit des menschlichen Körpers, insbesondere des Gesichts. „Your Face“ hieß der 3-Minuten-Sketch, für den er 1987 seine erste Oscar-Nominierung erhalten hat.

Bei Plympton tun hässliche Männer, die einem Bild von George Grosz oder Manfred Deix entsprungen sein könnten, hässliche Dinge. Diese aufgedunsenen Männer mit roter Nase und fliehendem Kinn husten, und dabei fallen ihnen sämtliche inneren Organe aus dem Mund. Sie verknoten ihren Gegner in einem Zweikampf, oder ein Kellner schaufelt einem Gast das Essen in den Mund, der dabei unendlich weit gedehnt wird. „25 Ways to Quit Smoking“ ist sogar pädagogisch wertvoll: was wie eine Parodie auf Ratgeberbücher anmutet, hat Plymptons Mutter tatsächlich dazu gebracht, mit dem Rauchen aufzuhören.

Ein Thema, an das sich das Kino erst sehr spät herangewagt hat, ist das Monsterkind, das noch nicht sprechen und laufen, aber kräftig zubeißen kann. Dass „Der Exorzist“ und „Das Omen“ von eher konservativen Männern erdacht worden sind, legt eine Abwehrreaktion gegen die jugendlichen Protestbewegungen nahe: Rettet uns vor den Kindern! Der mit bescheidenen Mitteln hergestellte Horrorfilm Basket Case – Der unheimliche Zwilling (1982) ergreift dagegen eindeutig Partei für die junge Generation, in diesem Fall siamesische Zwillingsbrüder, die bei der Geburt getrennt wurden. Die Trennung war unsauber durchgeführt worden: der eine ist zu einem sympathischen, attraktiven Mann herangereift, der andere zu einem zähnefletschenden Monster (Mittwoch 2.9. Babylon Mitte). Gemeinsam rächen sie sich für das gescheiterte medizinische Experiment. Die Gewaltexzesse sind so drastisch, dass sie gerade deshalb nicht wehtun. Es spritzt einfach zu viel Blut, und es wird zu laut geschrien, als dass man das alles ernst nehmen müsste.

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