zum Hauptinhalt
Grüner Daumen. Ryan Reynolds als Testpilot und Weltenretter.

© Warner Bros. Pictures. TM & DC

Comicverfilmung: Kleine Leuchte

Rabimmel, Rabammel, Rabumm: "Green Lantern" handelt von einem Superhelden mit grün strahlendem Ring der Macht. Warum der schlichte Streifen enttäuscht.

Den ersten Lacher gibt es nach dem altmodischen Prolog. Darin wird aufwendig erzählt, wie ein außerirdischer Weisenrat die „smaragdgrüne Macht der Willenskraft“ nutzbar macht, das Universum in 3600 Sektoren unterteilt und in jedem Sektor einen Verfechter von Recht und Ordnung bestimmt, dem ein grüner Ring und eine grüne Laterne besondere Kräfte verleihen. Dieses Green Lantern Corps sorgt jahrtausendelang für Harmonie im All, bis es von der schwefelgelben Macht der Angst herausgefordert wird. Ein grüner Kämpfer wird schwer verwundet. Also macht er sich auf den Weg zur Erde, um einen neuen Green Lantern zu berufen. Und der Lacher? Den Übergang von Vorgeschichte zur Haupthandlung markiert die kurios anmutende Einblendung „Sechs Monate später“.

Abstrakte, kosmische Dimensionen auf der einen Seite, konkrete, menschlich begreifbare Maßstäbe auf der anderen – dieser Kontrast macht einen Gutteil des Reizes des Superheldenfilms „Green Lantern“ aus. Wer den grünen Ring trägt und einen Eid auf die grüne Laterne geleistet hat, kann mittels Konzentration seine Fantasie Wirklichkeit werden lassen. Doch die Logik der Geschichte verlangt, dass der von abstrakten Mächten heraufbeschworenen Gefahr nur mit konkreten Mitteln begegnet werden kann. Also kann der Superheld einen abstürzenden Hubschrauber mit seiner Willenskraft nicht einfach auffangen, sondern muss ihn in ein Rennauto verwandeln und dann auf einer riesigen Carrera-Bahn so lange über die bedrohte Festgesellschaft hinwegjagen lassen, bis er endlich zum Stehen kommt.

Wie in „Matrix“ oder „Inception“ entwirft „Green Lantern“ ein Szenario, in dem Fantasie manifest wird – eigentlich eine günstige Ausgangslage für einen ausgefallenen, spektakulären Actionfilm. Doch der Kontrast zwischen irdischen und außerirdischen Maßstäben wirft Fragen auf, denen der Film nicht gerecht wird. Jeder Green Lantern, heißt es, übersieht einen Sektor, der tausendmal größer ist als der von der Erde aus sichtbare Sternenhimmel. Doch sind „Gesetz und Gerechtigkeit“, für die sich das Corps einsetzt, wirklich universale kosmische Werte? Kann jemand, der das Universum durchfliegen und alles, was er sich vorstellt, real werden lassen kann, sein menschliches Wertesystem aufrechterhalten?

„Green Lantern“ interessiert sich nicht wirklich für diese Fragen. In „Watchmen“ noch verschob sich die Perspektive des Helden Dr. Manhattan durch seine Superkräfte so stark, dass sie mit menschlichen Moralvorstellungen kollidiert, und auch „The Dark Knight“ ist in diesem Genre wesentlich komplexer. „Green Lantern“ fällt intellektuell eher auf das „Spider-Man“-Level zurück. Zwei junge Männer, die um dieselbe Frau werben, fallen guten beziehungsweise bösen Mächten anheim. Doch anders als in „Spider-Man“, wo die Kontrahenten Freunde sind und der Konflikt somit auch in den Charakteren selbst verläuft, sind in „Green Lantern“ die Fronten klar gezogen: Hier der lässige Testpilot Hal Jordan (Ryan Reynolds), unzuverlässig zwar, aber schon ohne Superheldenkräfte ein toller Hecht. Und dort der unangenehme Wissenschaftler Hector Hammond (Peter Sarsgaard), durch Aneignung der bösen Kräfte grotesk entstellt. Zwischentöne kommen in dieser Welt nicht vor.

Der Neuseeländer Martin Campbell ist eigentlich der richtige Regisseur, wenn es gilt, einen Helden zu etablieren. Mit „GoldenEye“ und „Casino Royale“ wurde ihm gleich zweimal der Relaunch der James-Bond-Reihe anvertraut, und in „Die Maske des Zorro“ hauchte er dem Degenhelden neues Leben ein. Doch gegen die strukturellen Schwächen von „Green Lantern“ ist auch Campbell machtlos. Das Material ist harmlos, also lässt sich daraus nichts wirklich Packendes machen. Auch nicht in 3D.

Nur selten scheint ein aktueller Bezug auf – etwa wenn sich die graugelbe Angst durch Straßenschluchten wälzt wie die Schuttwolke der einstürzenden World-Trade-CenterTürme. Aber der Film interessiert sich nicht ernstlich für den auch gesellschaftlich relevanten Widerspruch zwischen kreativer Willenskraft und lähmender Angst. Eher will er wohl jene Zuschauer gewinnen, die in einem von „Harry Potter“ und „Transformers“ dominierten Blockbuster-Sommer sehnsüchtig auf den dritten Teil von Christopher Nolans „Batman“-Saga warten.

Rund 200 Millionen Dollar hat „Green Lantern“ gekostet, kaum mehr als die Hälfte wurde bislang eingespielt. Da dürften die Produzenten sich selber nach der grünen Laterne sehnen, wenn die zum Filmende hin massiv angedeutete Fortsetzung noch Wirklichkeit werden soll.

In 18 Berliner Kinos; Originalversion im Cinestar SonyCenter

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false