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Kino: Der Himmel über Istanbul

Antifundamentalistisch: „Takva – Gottesfurcht“

Schönes Istanbul, düsteres Istanbul: In Fatih Akins „Auf der anderen Seite“ driften die unglücklichen Helden durch das attraktive Stadtviertel Beyoglu; in Özer Kiziltans wunderbarem Antifundamentalismusfilm „Takva“ blickt der Büroangestellte Muharrem nur auf Mauern, Zäune, Straßenbelag, wenn er mit gesenktem Kopf eilig seiner Wege geht. Seine Heimatstadt besteht aus Hauswänden, sofern nicht ein offenes Tor eine unerwartete Durchsicht erlaubt – in eine Seitenstraße, ein Schaufenster, einen Hof.

Als die Glaubensgemeinschaft, der Muharrem seit Jahren angehört, ihn zum Mieteinnehmer beruft, verändern sich Lebensstil, Auftreten und Verhalten des schüchternen Mannes: Er entdeckt die vielen Gesichter der ständig von einer dichten, dunklen Wolkendecke bedrängten Stadt, entdeckt die Einkaufszentren der Reichen, die Slums und die Bankenviertel. Zunächst sind es nur die Bewegungsfreiheit und die mit seiner neuen Position verbundenen Privilegien, die Muharrem irritieren, bald aber begreift er die Bigotterie des Ordens, dem die Geldeinnahme allemal wichtiger ist als die Einhaltung religiöser Gebote, und daran wird er schließlich scheitern.

Der großartige Schauspieler Erkan Can verdeutlicht die Persönlichkeitsveränderungen Muharrems bis in die Nuancen hinein. Und so lässt sich „Takva“, eine Entdeckung der letzten Berlinale, nicht nur als klassische Aufstieg- und Fall-Geschichte, sondern auch als kluge Analyse jeglicher fundamentalistischen Umtriebe lesen. Daniela Sannwald

Alhambra, Colosseum und Zoopalast;

OmU im Eiszeit, Hackesche Höfe und Karli

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