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Ferienfilm: Da draußen, wo die Welt beginnt

Von Bayern nach Bolivien: Thomas Kronthalers Film „Schreibe mir – Postkarten nach Copacabana“.

Manchmal vielleicht braucht es einfach solche Filme. Überaus besonnte, fantasieverliebte, filmtechnikverspielte Filme für zwischendurch, Filme, die neugierig am konkreten Charme der „Amélie“ naschen und selber nichts weiter als Pralinen sind. Filme, die zart am schwatzlustigen Menschenmikrokosmos der Telenovela herumspötteln, um dann selber gleich in den großen Gefühlsfarbfiltertopf zu fallen, Familiendrämchen, Küsschen, Tränchen inklusive. Absackerfilme für späte Sommerabende, sündhaft süß wie, sagen wir, eine Coupe Copacabana für zwei Personen mit einer kandierten Kirsche obenauf – so groß wie ein bayerischer Semmelknödel.

Vor vielen Jahren ist Opa Alois aus lauter Fernweh vom Oberbayerischen ins Oberoberbolivianische ausgewandert, in voller Lederhosentracht bei einem Alpsee rein und beim Titicacasee wieder raus, so will es jedenfalls die Familienlegende. Nun ist er lange schon tot, und die gut gepolsterte indianische Oma Elena (Agar Delos), in ihren selbst geschneiderten Dirndln der Jasmin Gmündstettner aus Percy Adlons legendärem „Out of Rosenheim“ nicht unähnlich, hat ihm einen Voodoo-Herrgottswinkel hergerichtet: Dort gedenkt sie Aloisens, gedenkt auch Schwiegertochter Rosa (Carla Ortiz) ihres in jungen Jahren über den Anden abgestürzten Fliegers Ricardo, und in dritter Generation des hochromantischen Frauenhaushalts wachträumt, wie von der späten Isabel Allende erfunden, die 14-jährige Alfonsita (Júlia Hernández) vor sich hin. Mit einer Schulfreundin spricht sie gern abreisende Gringo-Touristen an: Die sollen ihr Postkarten schicken, wenn sie wieder zu Hause sind, Ansichtsbildchen von irgendwo da draußen, wo die weite Welt beginnt.

Spielen tut dieses rundum vergnüglich gemeinte Spieluhr-Gesamtkitschwerk am Titicaca-See in einem Dörfchen namens Copacabana, das es, als 4000 Meter hoch gelegener Wallfahrtsort, tatsächlich gibt; in bunten Häusern mit Patios, sonnigen Kolonialstil-Nebenstraßen und Landschaftstotalen, die selber nichts als Panorama-Postkarten sind. Drehbuchautorin Stefanie Kremser, Autorin des Romans „Postkarte aus Copacabana“, will es zudem, dass dortselbst eines Tages der bayerische Student Daniel (Friedrich Mücke) dem Sammeltaxi entsteigt, worauf sich zwischen Daniel und Alfonsina eine vorsichtige Romanze entspinnt. Zwar ist er fast so zünftig wamsgewandet wie einst Alois, sonst aber ein eher groblinig seinen amourösen Zielen entgegenstaksender Heutiger; wie überhaupt das junge Paar dem heftig überzuckerten filmischen Restpersonal augenblicksweise eine angenehme Herbheit entgegenzusetzen weiß.

Der Oberbayer Thomas Kronthaler hat die durch und durch arg- und harmlose Geschichte zwischen zwei Kulturen so multibunti in Szene gesetzt wie zuletzt Ali Samadi Ahadi sein iranisch-ostdeutsches Panoptikum „Salami Aleikum“. Mitunter leicht angestrengt augenzwinkernd führen diese am Werbefilm geschulten deutschen Regisseure um die Vierzig vor, was sie kameratechnisch und bildmanipulativ so drauf haben und lassen ihre harmonieseligen Geschichten dann eher ruckelig über die gelegten Gleise rumpeln. Valium fürs Volk, würden beinharte Filmsystemkritiker jetzt sagen. „Passt scho!“, wäre Opa Aloisens besänftigendes Echo. Ein bisschen Süßstoff braucht der Mensch, zumal in krisengeschüttelten Zeiten.

Central am Hackeschen Markt (spanisches Original mit deutschen Untertiteln)

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