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Jason Statham "Bank Job"

© ddp

Filmfest München: Abenteuer im Tunnel

Cannes-Sieger eröffnet Filmfest München . Stilsicher und solide zeigt sich Roger Donaldsons Film "Bank Job".

Mit Laurent Cantets soeben in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnetem französischen Sozialdrama „Die Klasse“ wird am Freitag das 26. Filmfest München eröffnet. Bis zum 28. Juni sind mehr als 230 Filme aus Europa, Lateinamerika und den USA zu sehen – und aus China, dem das Festival die besondere Reihe „Das Jahr des Drachen“ widmet. Ehrengast ist die britische Oscar-Preisträgerin Julie Christie; die Retrospektive ist dem Künstler, Schriftsteller und Filmemacher Herbert Achternbusch gewidmet, der im November seinen 70. Geburtstag feiert. Zum Abschluss des Festivals zeigt Peter Schamoni seinen Dokumentarfilm „Botero – Born in Medellin“ über den kolumbianischen Maler und Bildhauer Fernando Botero. dpa

Fotos von Politikern, die sich im Edelpuff sadomasochistischen Spielchen hingeben. Aufnahmen eines Mitglieds des Königshauses, im Karibikurlaub heimlich abgelichtet beim Sex. Das Quittungsbuch eines Pornomoguls mit akribisch dokumentierten Schmiergeldzahlungen an führende Polizeibeamte. Was der verschuldete Gebrauchtwagenhändler Terry (Jason Statham) und seine Bande von Feierabendgangstern aus den Schließfächern der Lloyds Bank in der Londoner Baker Street holen, ist mehr als die erhoffte Millionenbeute aus Geldbündeln und Schmuck. So mündet der pedantisch vorbereitete, letztlich aber mit gehörigem Restdilettantismus durchgeführte Bruch, zu dem sich Terry von seiner Jugendliebe Martine (Saffron Burrows) überreden lässt, rasch in eine aussichtslose Flucht vor skrupellosen Schlägern, korrupten Bullen und zwielichtigen Geheimdienstlern.

Der Plot von Roger Donaldsons „Bank Job“ wirkt ähnlich konstruiert wie die kausal verschachtelten Ereignisketten in Guy Ritchies stilprägenden Gaunerkomödien „Bube, Dame, König, Gras“ (1998) und „Snatch“ (2000). Wo Ritchie aber aus filmhistorischen Versatzstücken hoch artifizielle Genre-Bastarde fabrizierte, greift Donaldson auf einen authentischen Fall aus dem Jahr 1971 zurück. Der Bankeinbruch zog damals diplomatische Verwicklungen auf höchster Ebene, Rücktritte von Parlamentsmitgliedern, einen gewaltigen Polizeiskandal und den Tod mehrerer mittelbar oder unmittelbar Beteiligter nach sich. Wie praktisch: Die offiziellen Akten zu dem Fall sind noch bis zum Jahr 2054 gesperrt – also müssen die Drehbuchautoren Dick Clement und Ian La Frenais sich vorerst keine Sorgen machen, dass man ihr Script einer vergleichenden Prüfung unterzieht.

Zu den Stärken von „Bank Job“ gehört das Darstellerensemble, in dem besonders Jason Statham brilliert – wie schon in Ritchies Filmen als pessimistischer Möchtegernganove. Dennoch sollte der 35-jährige Brite sich nicht allzu sehr auf seine bisherigen Rollenbilder – unfreiwilliger Gangster mit gutem Herz oder knallharter Actionheld mit ebenfalls gutem Herz – festlegen lassen. Daneben überzeugt die Wiederbelebung des Zeitgeists der frühen Siebziger. Die gesellschaftlichen Verwerfungen des postkolonialen Königreichs spiegeln sich in einigen Nebenfiguren, wobei die Charakterzeichnung der – historischen – Person des schwarzen Politradikalen „Michael X“ (Peter de Jersey) allerdings fast schon rassistisch überzogen wirkt.

Während der zentrale Einbruch mit seiner komplexen Logistik atemlos inszeniert ist und dem Genre durchaus neue Facetten abzugewinnen weiß, lahmt „Bank Job“ stellenweise an einer allzu vorhersehbaren Handlung. So liegen die Interessen der beteiligten Gruppierungen jederzeit offen, was nicht gerade die Spannung fördert. Als solider, gut besetzter, schwarzhumorig grundierter Genrefilm mit stilsicherer Ausstattung ist „Bank Job“ freilich nicht zu unterschätzen. Von Jules Dassins Klassiker „Rififi“ (1955), der nicht nur durch seine unerreicht grandiose Einbruchssequenz bestach, sondern auch die desaströsen Folgen des geglückten Coups mit ingeniöser Dramaturgie zu erzählen wusste, bleibt er indes meilenweit entfernt.

In elf Berliner Kinos

Jörg W, er

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