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Am Morgen danach

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Filmkomödie: Am Morgen danach

Welche irrwitzigen Folgen ein One-Night-Stand haben kann, erzählt Judd Amatow in seiner Komödie "Beim ersten Mal": Die Karrierefrau Alison von dem arbeitsscheuen Ben schwanger - das passt gar nicht in ihre Lebensplanung.

Die Geschichte könnte der Broschüre einer kirchlichen Schwangerschaftsberatungsstelle entnommen sein. Eine aufstrebende TV-Moderatorin landet unter Alkoholeinfluss mit einem Taugenichts im Bett und wird schwanger. Obwohl die Karriere auf dem Spiel steht, entscheidet sie sich für das Kind, und sogar der Vater lässt sich in die Pflicht nehmen.

Der Regisseur und Drehbuchautor Judd Apatow („Jungfrau, 40, männlich, sucht“) sieht in diesem Plot weniger ein moralisches Erbauungsstück als den Stoff für eine kraftvolle Komödie. Schwangerschaften dauern im Kino zumeist kaum länger als zwei Minuten und werden nur als Intermezzo auf dem Weg zum sich konstituierenden Familienglück verhandelt. Apatow hingegen erstürmt das Thema mit halsbrecherischem humoristischen Elan und widmet dem emotionalen Auf und Nieder zwischen Zeugung und Kreißsaal fast die vollständige Filmlänge.

Ben (Seth Rogen) kann sein Glück kaum fassen, als Alison (Katherine Heigl) im Club auf seine ungeschickten Annäherungsversuche eingeht. Nach einigen Drinks fallen die beiden übereinander her. Alkoholbedingte Handhabungsprobleme führen dazu, dass das Kondom unbenutzt auf dem Teppichboden landet. Der Morgen danach ist ein Desaster. Beim gemeinsamen Frühstück wird nicht einmal der Kaffee ausgetrunken, und Bens Frage nach der Telefonnummer beantwortet Alison mit aufrichtig entsetztem Gesichtsausdruck. Acht Wochen später sitzt sie verzweifelt im Badezimmer, umgeben von einem Meer positiv gefärbter Schwangerschaftstests. Sogar die Mutter rät zur Abtreibung.

Überraschend: Ben ist der Einzige, der sich über die Entscheidung zu freuen scheint. Dabei wirkt er keineswegs wie eine künftige verantwortungsvolle Vaterfigur. Mit seinen Kifferkumpels lebt er in einer verwahrlosten WG, hat noch nie gearbeitet und hofft mit einer selbstgebastelten Porno-Website demnächst zu Geld zu kommen. „Beim ersten Mal“ kostet die Absurdität der postkoitalen Annäherung der konträren Figuren gründlich aus – die Peinlichkeiten, Unsicherheiten und vor allem die Konflikte angesichts bevorstehender Elternschaft. Selten hat man so viel überzeugende aggressive Energie zwischen zwei vermeintlich Liebenden auf der Leinwand gesehen.

Judd Apatow gilt zurzeit als einer der vielversprechendsten Lustspielschreiber in der US-Filmindustrie. Sein direkter, rauer Humor ist meilenweit entfernt von jenem der weichgespülten romantic comedies, die in der Traumfabrik Monat für Monat vom Band laufen. Natürlich gönnt auch er seinen Figuren im Kreißsaal ein Happy End. Aber wirklich sicher, dass sie sich nicht schon während des Abspanns wieder in Haare bekommen, ist man sich nicht. Martin Schwickert

In 19 Berliner Kinos, OV im Cinestar Sony-Center

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