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Filmpreis: Zuschuss und Schampus

"John Rabe“ triumphiert mit vier Lolas bei der Deutschen Filmpreis-Gala. Ob die Akademie am Ende einer schmissigen und zudem pannenfreien Gala nun die eigentliche Oscar-Probe aufs Exempel macht?

Da sage nochmal jemand, die Deutsche Filmakademie sei nicht unabhängig und, wenn’s brenzlig wird, doch bloß ins Gängige und die Kassenhits verliebt. Am Freitagabend jedenfalls, bei der Gala im Berliner Palais am Funkturm, gab es nur die Lola in Bronze (375 000 Euro) für den gemessen an seinem Budget erfolgreichsten Film: Wolke 9“. Und damit nicht genug: Regisseur Andreas Dresen und Ursula Werner, Hauptdarstellerin seines bewegenden Altersliebesfilms, holten ebenfalls Lolas, womit das Team seine drei Nominierungen immerhin zu 100 Prozent in Preise verwandeln konnte.

Mit 425 000 Euro versilbert wurde, fast eine Überraschung, Caroline Links im Kino nur mäßig erfolgreiche Familientrauerarbeit „Im Winter ein Jahr“ – hier durfte sich zudem Niki Reiser über den Filmmusikpreis freuen. Mit Gold aber, und das sind in der staatlich hochdotierten deutschen Oscar-Welt 500 000 Euro, wurde ein Film belohnt, der bislang im Kino, gemessen an seinem 17-Millionen-Euro-Budget, bislang so dramatisch gefloppt ist, dass selbst alten Vielohrhasen der Branche so schnell kein vergleichbares Debakel einfällt: Florian Gallenbergers „John Rabe“, mit sieben Nominierungen in der Pole Position, holte neben der Top-Trophäe die Preise für Hauptdarsteller Ulrich Tukur, Szenenbild (Tu Juhua) und Kostümbild (Lisy Christl).

Ob die Akademie in ihrem fünften Jahr und am Ende einer schmissigen und zudem pannenfreien Gala nun die eigentliche Oscar-Probe aufs Exempel macht? In Amerika bringt der Oscar-Erfolg Filmen, die recht frisch im Kino laufen, oft beträchtlichen zusätzlichen Schub. Der Regisseur jedenfalls, sichtlich erleichtert und beglückt, empfahl dem zeitversetzt zugeschalteten ZDF-Publikum schon mal: „Gehen Sie ins Kino, der Film läuft noch, und er hat’s auch nötig!“

Geradezu schmerzhaft unabhängig zeigten sich die 1100 Akademiemitglieder (begonnen hatte man vor fünf Jahren mit der Hälfte des Personals) auch gegenüber ihrem Hauptimpresario sowie ihrem schärfsten Kritiker. Constantin-Produzent Bernd Eichinger ging mit seinem viermal nominierten Projekt „Baader Meinhof Komplex“ ebenso baden wie Christian Petzold mit dem zweimal nominierten „Jerichow“. Für Eichinger, den einstigen Inspirator des ganzen Unternehmens, dürfte das Ergebnis besonders bitter sein: Schon seinen „Untergang“ hatten die Kollegen nicht goutiert, und für das hoch favorisierte „Parfum“ hatte es vor zwei Jahren, im Schatten von „Vier Minuten“, nur zu Silber gereicht.

Özgür Yildirims Regiedebüt „Chiko“, der sechste für geldschwere Weihen nominierte Spielfilm, brachte es zu einem Achtungserfolg: Neben dem Drehbuchpreis für den Regisseur selbst gab es Lorbeer für Cutter Sebastian Thümler. Die Nebenrollenpreise gingen an Sophie Rois („Der Architekt“) und Andreas Schmidt („Fleisch ist mein Gemüse“). „Nordwand“ wurde für Kamera und Tongestaltung ausgezeichnet. Bester Dokumentarfilm (200 000 Euro) wurde „Nobody’s Perfect“ von Niko von Glasow, bester Kinderfilm (250 000 Euro) „Was am Ende zählt“ von Julia von Heinz.

Was am Ende dieser Veranstaltung fühlbar zählte? Friede, Freude, rundum Versöhnlichkeit.

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