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Kino: Her damit

Böse Telefontricks: Felix Randaus „Anruferin“

„Erzähl mir eine Geschichte“, verlangt die kleine Mädchenstimme, die gepresst klingt und unheimlich. Irm (Valerie Koch), die sich ihrer bedient, ist Anfang 30, mit der Lockenpracht einer Prinzessin und dem Leben einer Dienstmagd. Im Nebenzimmer, in einem Bett mit Seitengittern, liegt ihre kranke Mutter hilflos und stumm. Immer wieder muss sie der Mutter (Franziska Ponitz) ein Foto reichen, das zwei kleine Mädchen zeigt. Die Mutter streichelt das Bild und weint, und jedes Mal sieht die Tochter angewidert zur Seite.

Sie ist „Die Anruferin“ im zweiten Spielfilm Felix Randaus, der offenbar grundsätzlich Sympathien für gefangene Töchter hegt. In „Northern Star“, seinem Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, hatte die Heldin das Muttergefängnis niedergerissen und Freiheit am offenen Meer gesucht. „Die Anruferin“ – nach einem Drehbuch von Vera Kissel – ist ihr psychologisches Gegenstück. Hier führt nur die Maskerade hinaus in die Welt.

Irm gibt sich als todkrankes Mädchen aus: Als kleine Paulina erpresst sie sich die Liebe und Aufmerksamkeit, die sie braucht. Frauennamen sind es allesamt, die zur Auswahl stehen, Ersatzmütter sollen sich sorgen um das leidende Kind. Mit böser Pointe: Nach einer Weile meldet sich die Anruferin erneut – und lässt als vermeintlich trauernde Mutter ihr Gegenüber wissen, Paulina sei gestorben. Eine grausige, psychotische Balance.

Natürlich kann sie nicht halten: Bei der Vorbereitung der nächsten Todesnachricht wird Irm Zeugin der Gefühle, ja, der Not eines anderen Menschen. Das war nicht vorgesehen. Eine Bibliothekarin (Esther Schweins) ist es, die gegen die ungeschriebenen Spielregeln verstößt.

Dass die Situation ihrer Schöpferin über den Kopf wächst, gehört zum klassisches Szenario eines Psychothrillers. Doch der Film wagt sich nicht in den dunklen Wald der Angst, an dessen Rändern er so demonstrativ herumstreunt. Zwar beobachtet er die Gesichter seiner herrlich aggressiven Hauptdarstellerin und ihrer tapferen Gegenspielerin mit fast mikroskopischer Präzision, doch wirkt die Nähe bloß behauptet, vorgeführt wie ein artiges Kind. Am Ende muss eine kleine Geste genügen, und die Wunden heilen wie von selbst. Wie simpel, wie schade. Elisabeth Wagner

Cinemaxx Potsdamer Platz

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