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oliveira

© Berlinale

Kino-Legende: Echt blond

Premiere und Ehrung für Manoel de Oliveira: Sein jüngstes, „Singularidades de uma rapariga loura“ verbindet nüchterne Gegenwart mit entrückt anmutender Opulenz und Stilmitteln des Fin de siècle.

Am Dienstagabend ehrte die Berlinale mit Manoel de Oliveira eine wahre Legende des Kinos: Der Portugiese hat nicht nur vor wenigen Wochen das mythische Hundertjährigen-Alter erreicht, sondern ist, sehr irdisch, als Filmregisseur noch hoch aktiv – mit nahezu einem neuen Werk pro Jahr.

Sein jüngstes, „Singularidades de uma rapariga loura“ (Eigenheiten eines blonden Mädchens), verbindet nüchterne Gegenwart – sein Held, ein Buchhalter, benutzt einen Computer und zahlt in Euro – mit entrückt anmutender Opulenz und Stilmitteln des Fin de siècle. Das Sujet, die Adaption einer Erzählung von Eca de Queiroz, führt ins 19. Jahrhundert: Der Kontorist Macário schmachtet eine junge Blonde an, die ihren Fächer auf unvergleichliche Weise handhabt. Er wirbt um sie, macht einen Antrittsbesuch bei der Mutter, erlangt die Einwilligung des reichen Onkels zur Heirat, allein: Das Schicksal verhindert vorläufig, dass er seine Geliebte in die Arme schließen kann.

Die Irrungen und Wirrungen des Macário inszeniert Oliveira in gediegenem Dunkel und gedeckten Farben. Herren grüßen Damen durch Abnehmen ihrer Hüte. Verkäufer agieren zwischen Kirschholzregalen voll edler Stoffballen. Bei Abendgesellschaften drehen sich die illustren Gäste vor vergoldeten Spiegeln im Glanz vielarmiger Kerzenleuchter. Das Ambiente zählt. Ob das Ende banal oder ironisch, gesellschaftskritisch oder geheimnisvoll zu verstehen ist, dagegen weniger. Daniela Sannwald

11.2. 22.30 Uhr (Babylon Mitte)

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