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Komödie: Das coole Leben

Sabine Derflingers hat in ihrer Beziehungskomödie "42 plus" schöne und auch doofe Momente inszeniert. Sie schaut der Altersgruppe, der sie selbst angehört, genau aufs Maul.

Es gibt wenig Abgeschmackteres als regelmäßige Beischlaftreffen mittelalter, verheirateter, berufstätiger Menschen: Der Betrug geschieht planvoll, Abenteuer und Leidenschaft werden institutionalisiert – jeden zweiten Mittwoch ein Orgasmus im Hotel, dann nach Hause, wo es gar so anders auch nicht zugeht.

Die österreichische Regisseurin Sabine Derflinger hat einen Film über Menschen in den Vierzigern und ihr Beziehungsleben geschrieben und inszeniert – und sie hat der Altersgruppe, der sie selbst angehört, genau aufs Maul und sicher auch woanders hin geschaut. Ihr Plot um die Talkmasterin Christine (Claudia Michelsen) und deren Familie, Freunde und Liebhaber lebt von witzigen, anzüglichen, realistischen Dialogen mit Screwball-Comedy-Format. Weniger überzeugt „42 plus“ als Figurenaufstellung: Seine Protagonisten repräsentieren auch dann noch Haltungen, wenn das der Handlung nicht zugutekommt.

Die Szenerie jedoch ist grandios: Ein reizender Urlaubsort auf Ischia, ein geschmackvolles Ferienhaus für Vater, Mutter, Kind, eine Neohippie-Kolonie am Strand, ein verschwiegenes Luxushotel als Liebesnest, Sommerfeste, Vespa fahrende ragazzi, ein charmanter Gastwirt und ein blonder, junger Gott – tolle Voraussetzungen für gelungene Sommerferien und tolle Schauwerte auch.

Dennoch will es mit dem Urlaubsglück nicht so recht klappen: Christine hat keine Lust mehr auf ihren Gewohnheitsliebhaber Martin und noch weniger auf ihren Mann, der, zu Hause in Wien seinerseits auf Abwegen, sich gerade wieder für seine Frau zu interessieren beginnt, während beider 14-jährige Tochter die Eltern furchtbar peinlich findet. Als dann noch Martin nebst Gattin als Familienfreund auftaucht, kippt die Stimmung endgültig. Christine schläft mit einem jungen Mann, den sie bereits bei der Ankunft in ihrem Zimmer vorgefunden hatte, einem Strandbewohner mit Sehnsucht nach einem richtigen Bett.

Sabine Derflinger hat schöne und auch doofe Momente inszeniert – typisch 42 plus und trotzdem oder gerade deshalb spannend: Christines taumeliges Glück nach der ersten Nacht mit dem Jungen, ihre Kommt-er-oder-nicht-Aufgeregtheit vor dem nächsten Date, ihre vergeblichen Versuche, das Verliebtheitsgefühl vor sich selber kleinzureden. Auch die Hilflosigkeit Georgs (Ulrich Tukur) angesichts ihrer Eskapaden ist präzise erfasst, und ihr Leuchten, das ihn wieder für sie erwärmt. Es gibt hübsche Dialoge zwischen Christine und der Frau ihres Liebhabers, die einander nichts mehr vormachen, und ebensolche zwischen Georg und Martin, die einander erst recht viel vormachen. Und derweil kriegt die pubertierende Tochter, um die sich niemand mehr so recht kümmert, endlich auch, was sie will. Daniela Sannwald

Broadway, Cinemaxx Potsdamer Platz, Kulturbrauerei, Passage

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