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Bening

© Constantin

Komödie: Du kannst nicht immer Girlie sein

Diane English wagt sich an das Remake von George Cukors legendärer Komödie "The Women".

Remakes haben einen Nachteil: Sie werden immer an den Originalen gemessen. In Fall von „The Women“ kann der Vergleich nur zu Ungunsten der Nachahmungstäter ausgehen, denn George Cukors Zickenklassiker aus dem Jahr 1939 gilt als Höhepunkt des Screwball-Comedy-Genres. Vor der Kamera taucht kein einziger Mann auf, doch die New Yorker Society-Ladys, die ihre Zeit in Wellness-Tempeln, Edelrestaurants und Kaufhäusern totschlagen, kennen nur ein Thema: Männer. Die gelangweilten Luxusweibchen, gefangen in den Konventionen ihrer Zeit und den goldenen Käfigen ihrer Landhäuser, gehen kratzbürstig wie Raubkatzen aufeinander los, zunächst nur verbal, am Ende sogar handgreiflich. Vor 70 Jahren spiegelten sich in derlei Hennenkämpfen noch die zutiefst patriarchalischen Verhältnisse. Heute weht einem daraus nur noch die modrige Luft aus dem Museum längst überwundener Rollenmuster entgegen.

Regisseurin und Drehbuchautorin Diane English, bekannt geworden mit der Fernsehserie „Murphy Brown“ um eine alkoholkranke Fernsehjournalistin, hält sich bei ihrem Kinodebüt eng an die Rahmenhandlung der Vorlage. Mary Haines, bei Cukor nur Hausfrau und Mutter, nun auch Modedesignerin, erfährt bei der Maniküre, dass ihr Ehemann sie mit einer in einem Kaufhaus beschäftigten „Parfümschlampe“ betrügt, zieht sich schmollend mit Mama in den Kurzurlaub zurück und reicht die Scheidung ein. Norma Shearer hatte sie mit umschleiertem Blick als treues Heimchen am Herd gespielt, die ihrem Gatten schließlich verzeiht, weil – so die reaktionäre Botschaft – „Ehefrauen ihrem Mann sehr viel mehr sein müssen als nur das Liebchen“.

Meg Ryan, die seit ihren Erfolgen „Schlaflos in Seattle“ und „e-m@il für Dich“ dem Rollenfach der kumpelhaften Anti-Diva nicht mehr entkommt, macht daraus ein ewiges Girlie von Ende vierzig. Ihre Burschikosität betont sie, indem sie sich in klobigen Lederstiefeln wie ein Teenager-Trampel bewegt. Eva Mendes als ihre Gegenspielerin reicht zwar nicht an die Biestigkeit von Joan Crawford heran, weiß aber ihre körperlichen Vorzüge geschickt ins Spiel zu bringen. Bei einem Aufeinandertreffen in einem Dessous-Geschäft, dem Höhepunkt des Films, faucht Ryan die in schwarzer Unterwäsche vor ihr stehende Nebenbuhlerin an: „So etwas Nuttiges gefällt meinem Mann nicht.“ Worauf Mendes kühl entgegnet: „Dann ziehe ich es einfach aus.“

Von derlei One- und Two-Linern hat „The Women“ einige im Angebot. Wenn die Freundinnen am Vierertisch in ihrem Stammlokal – „Sex and the City“ lässt dramaturgisch grüßen – den aktuellen Klatsch durchhecheln, fallen Sprüche wie „Sei nicht so verbittert, sonst brauchst du demnächst Botox“ oder „Willst du mal ein ganz schlechtes Face lifting sehen? Die Frau dort drüben sieht aus, als ob sie gerade wieder in die Erdatmosphäre eintritt.“ Die Besetzung ist bis in die kleinsten Nebenrollen hinein erlesen. Annette Bening gibt die diktatorenhafte Chefredakteurin eines Lifestyle-Magazins mit reptilienhafter Kälte und dem obligatorischen Schoßhündchen im Arm. Bette Midler hat einen furiosen Auftritt als männermordende Scheidungsexpertin. „Als ich mit meinem fünften Mann fertig war“, faucht sie, „blieb von ihm nichts übrig als sein Haarimplantat auf dem Pflaster vor unserer Garage.“

Auch wenn die Frauen noch in deutlich expliziteren Worten miteinander streiten, reichen sie doch nie, nie an das Pointentempo und die Bissigkeit ihrer Vorfahrinnen heran, die im Vorspann des Originals als Leopardinnen und Löwinnen porträtiert worden waren. Und dass sich diese selbstbewussten Metropolenbewohnerinnen, die als Journalistin, Schriftstellerin oder Designerin Karriere gemacht haben, noch immer ausschließlich über ihre Männer definieren – daran kann heute nur glauben, wer davon ausgeht, dass der Storch die Babys bringt.

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