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Kinostarts - "Männersache"

© Constantin

Männersache mit Mario Barth: Humor ist, wenn es trotzdem kracht

Nicht ohne meine Nachhilfepointe: Gernot Rolls „Männersache“ kommt ins Kino – mit Stadionfüller Mario Barth.

Das Ganze erinnert an die siebte Klasse. Damals hatte Andreas erstmals den Hobbykeller der Eltern erobert. Seine Party sollte der absolute Knaller werden. Nur ein Problem hatte der rührige Mitschüler: Wie konnte er die Einladungen in der Klasse verteilen und dabei nur die Stimmungskanonen erreichen? Die Großmäuler und Zyniker sollten zu Hause bleiben. Verrisse am nächsten Tag im Klassenzimmer? Bloß nicht.

Wieder einmal hat ein Großverleih mit fadenscheiniger Argumentation Pressevorführungen vor dem Start eines Spielfilms vermieden. „Männersache“ sollte an den professionellen Kritikern vorbeigeschleust werden. Erwünscht waren, getreu dem Til-Schweiger-Prinzip, nur „Berichterstatter“, von denen gute Stimmung zu erwarten war. Mit einem Wort: Hype. Doch sorry, wir potentielle Spielverderber finden immer auf die Party (hier: die Premiere am Sonntag).

Was aber sollte vor den kritischen Augen verborgen werden? Je länger man dem 96-minütigen Oeuvre beiwohnt, desto stärker drängt sich der Gedanke auf: alles. Und „alles“ heißt: der Witzemacher Mario Barth, auf den „Männersache“ in beinahe jeder Einstellung zugeschnitten ist. Moment mal, der Mario Barth? Genau, der Berliner Stadionfüller, der Kreuzberger Guinnessbuch-Rekordler, der Supermegagigamario versucht in einem ersten Film, seine Bühnendarbietungen ins Kino hinüberzuretten.

Das Vorhaben darf als gescheitert gelten, aus zweierlei Gründen. Zum einen verlangt ein Spielfilm ein Minimum an zwischen die Gags gedrängter Handlung – und damit haben nahezu alle Kinodebüts von Bühnen- oder Fernsehkomödianten ihre Probleme. Dass es hier um zwei Kumpels geht (gespielt von Mario Barth und Dieter Tappert), die sich ewige Männerfreundschaft geschworen haben und durch Frauen, Erfolg und andere Kleinigkeiten vom gemeinsamen Weg abgebracht werden – geschenkt. Denn da ist noch ein viel fundamentaleres Dilemma: der Humor eines Komikers, der es keineswegs für ein Kapitalverbrechen oder zumindest für rufschädigend hält, folgende Frage ins Drehbuch zu schreiben: „Warum heißt es telefonieren und nicht telefolebern?“

Man muss nicht einmal neidisch auf britische und amerikanische Gegenwartskomödien wie „Borat“, „Tropical Thunder“ oder „Leg Dich nicht mit Zohan an“ schauen, um sofort das Altfränkische von Barths Humors zu erkennen. Selbst eine läppische Teenagerkomödie wie „Party Animals“ ist dagegen von geradezu subversiver Wucht, weil sie mit ihren Ekelscherzen und Slapsticknummern so direkt auf den Körper des Zuschauers zielt, dass es weh tut. Bei Mario Barths Toilettenwitzen, Schlürfschmatzfurz-Albernheiten und Osteuropäer-Karikaturen kitzelt es nicht mal. Darüber hinaus verspürt er auch noch ständig den Drang, längst verstandene Gags mit einer Nachhilfepointe zu erklären.

Das Traurige an „Männersache“ ist also nicht nur, dass viele Witze einen elend langen Barth haben (um es mit einem angemessenen Kalauer zu sagen), sondern dass der Humor auch noch radikal harmlos bleibt. Dass der Protagonist sogar dem „Cahiers du cinéma“-Liebling Jerry Lewis ein paarmal die Ehre zu erweisen versucht, muss man daher fast als Hochmut bezeichnen. Und der kommt bekanntlich vor dem Fall.

In 18 Berliner Kinos

Julian Hanich

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