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Intrigant und Schnösel. Christoph Waltz als Kardinal Richelieu und Orlando Bloom als Herzog von Buckingham.

© Constantin

Materialschlacht im Kino: "Einer für alle, alle für einen!"

„Die drei Musketiere“, einer der teuersten deutschen Filme, startet heute in den deutschen Kinos. Schön fies: Christoph Waltz spielt im 3D-Spektakel die freundlich lächelnde Gemeinheit in Person.

Aus dem Roman von Alexandre Dumas ist der Schlachtruf übrig geblieben. „Einer für alle, alle für einen!“, das rufen nicht bloß Athos, Porthos, Aramis, die drei Musketiere, und ihr Gefährte D’Artagnan einander zu. Das skandieren auch Gary, Howard, Mark, Jason und Robbie von Take That im Vorspann und versprechen, dass sie zum Abspann ihren neuen Song „When We Were Young“ singen werden. Regisseur Paul W. S. Anderson, der schon bei den „Resident Evil“-Filmen Action mit Pop kreuzte, hat für die erste 3D-Verfilmung der „Drei Musketiere“ den klassischen Stoff arg aktualisiert. Gefochten wird, bis die Degen buchstäblich Funken schlagen, in den teilweise schön choreografierten Kampfszenen gibt es Stopp- und Zeitlupeneffekte wie in einem Computerspiel.

Alles ist auf Überwältigung angelegt, auch um zu kaschieren, wie dünn die Story ist. Staunen soll man über die Größe der Barockarchitekturen und die Pracht der Kostüme, der Showdown findet auf zwei gewaltigen, herrlich knarrenden, breitseitig Kanonen abfeuernden Flugmaschinen statt, die Entwürfen von Leonardo da Vinci nachempfunden sind. Kosten wurden nicht gescheut für diese Materialschlacht. Die Münchner Firma Constantin hat für eine der teuersten Produktionen der deutschen Filmgeschichte 2500 Komparsen und ein 350-köpfiges Filmteam aufgeboten. Gedreht wurde in Bayern, so mussten Schloss Herrenchiemsee und die Würzburger Residenz für den Pariser Louvre und die Regnitz in Bamberg für die Seine herhalten.

Athos (Matthew Macfadyen), Porthos (Ray Stevenson) und Aramis (Luke Evans) haben anfangs nichts Heroisches an sich, es sind abgehalfterte Gestalten, die lieber saufen als kämpfen. Bis Heißsporn D’Artagnan (Logan Lerman) auftaucht, sie zum Duell herausfordert – und in ein neues Abenteuer verwickelt. Es geht um ein Juwelenhalsband und eine Intrige, mit der Kardinal Richelieu, die teuflische Spinne im Netz des Pariser Hofes, einen Friedensschluss mit England verhindern und den naiven König Ludwig XIII. blamieren möchte.

Die Musketiere schlagen sich wacker und bleiben blass. Die interessanteren, facettenreicheren Rollen haben die Schurken. Orlando Bloom gibt den Herzog von Buckingham als Schnösel mit „Rock’n’Roll“-Tolle, der dem König seufzend bescheinigt, in seinem neuen Seidenanzug sehe er „sooo retro“ aus. Mylady de Winter, gespielt von Andersons Ehefrau Milla Jovovich mit langen Barocklocken, wechselt laufend die Fronten und ihre Liebhaber, am Ende wirkt sie wie von ihrer eigenen Bösartigkeit vergiftet. Noch fieser ist bloß Christoph Waltz als Richelieu, der am liebsten Schach gegen sich selbst spielt, denn „niemand sonst hat sich als würdiger Gegner erwiesen“. Die freundlich lächelnde Gemeinheit ist bei Waltz längst zur Routine geworden, immer scheint der Schauspieler ein Stück neben sich zu stehen, wenn er seine Lügen auftischt oder Mordaufträge flüstert.

Dieser „Drei Musketiere“-Film hat einige James-Bond-Momente. Anfangs taucht Athos im antiken Taucheranzug in einem Kanal von Venedig auf und erlegt seine Gegner mit zwei Armbrüsten, die er aus einem Halfter auf seinem Rücken zieht. Porthos lässt sich gefangen nehmen, sprengt die Ketten und vermöbelt Til Schweiger, der zuvor geknurrt hatte: „Bring mir die Musketiere tot.“ Und der Tower von London, in den die Musketiere mit einer List hineingelangen, ist eine düstere Festung, die an die Kommandozentralen von Bösewichtern wie Dr. No erinnert. Am Ende, darauf ist Verlass, wird die Apokalypse noch einmal abgewendet. Und die Aufrechten siegen.

In neunzehn Berliner Kinos

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