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Musikkomödie: Liebe, Sonne, Amok

Schlager mit Paul Kuhn: „Schenk mir dein Herz“ belebt das nostalgisch angestaubte Filmgenre der Musikkomödie wieder.

In seinem früheren Leben muss der Schlagerstar Alexander Ludwig unerträglich gewesen sein. Als der von Peter Lohmeyer gespielte Sänger eine Schnulze aufnimmt, hadert er mit dem Produzenten und beschimpft die Musiker. Ein Jahr später wird er durch Hamburg gefahren und wundert sich über viele neue Häuser, die er noch nie gesehen hat. Am Hotel wartet ein Pressepulk, widerlicher Rummel: „Hier trete ich nicht auf.“ Aber das Hotel ist eine Rehaklinik. Ein Herzinfarkt hat den Prominenten zum Patienten gemacht, dem die Erinnerung an die letzten zehn Jahre entglitten ist.

Regisseurin Nicole Weegmann, die zuletzt ein WDR-Fernsehspiel über einen in Amok-Phantasien abdriftenden Gymnasiasten gedreht hat („Ihr könnt euch niemals sicher sein“), liefert nun die heitere Variante des Themas nach. Mit „Schenk mir dein Herz“gelingt ihr die Wiederbelebung eines nostalgisch angestaubten deutschen Filmgenres: der Musikkomödie, die in den 50er Jahren mit Filmen wie „Liebe, Luft und lauter Lügen“ oder „Liebe, Sonne und Musik“ Höhepunkte feierte. Damals war Paul „Paulchen“ Kuhn der Mann am Klavier, er ist es hier wieder. Mit 83 Jahren ist sein Gesicht zur Falten-Landschaft geworden, mit seinem berühmten Zahnlückenlächeln gibt der Easy-Listening-Philosoph lakonische Weisheiten von sich. Improvisieren können auch Demente: „Ich weiß vorher nicht, was ich spiele.“

Schlager sind sentimental, sie machen sich auf die Euphorien und Krisen des Lebens einen simplen Reim. „Schenk mir dein Herz“ ist so ein Reim zwischen Kitsch und Kunst. Es geht um die Heilkraft der Musik. Peter Lohmeyer als abgehalfterter Star hat das Gedächtnis verloren, aber die Lieder sind ihm geblieben. Also gründet er mit Paul Kuhn und einigen anderen Senioren eine Combo, um einen Musikkeller zu retten. Sie spielen einen Bossa Nova: „Unser Liebe blüht im Dunkeln.“ Der Text stammt vom Neo-Schlagerstar Bernd Begemann, die Musik von Paul Kuhn. Christian Schröder

Babylon Mitte, Filmkunst 66

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