zum Hauptinhalt

Otto's Eleven: Willkommen in Bad Reibach

"Otto’s Eleven": Otto Waalkes macht es sich in den Abgründen der Privatfernsehkomik gemütlich. Spurenelemente des alten Waalke’schen Wortwitzes sind noch vorhanden.

Wenn das Nachmachen oder Verfälschen von Witzen mit Gefängnisstrafen geahndet würde, wären die Comedybühnen leer. Die „Kennste den schon?“-Branche lebt vom freien Umgang mit Urheberrechten. Aber was Otto Waalkes macht, ist besonders dreist. In seinem neuen Kinofilm „Otto’s Eleven“ tanzt er mit Olli Dittrich als doppeltem Harry Hirsch einen Spiegeltanz und klaut damit bei den Marx Brothers eine der berühmtesten Slapstickszenen der Filmgeschichte. Waalkes und Dittrich machen ihre Sache gut, in der Trenchcoat- und Hornbrillen-Uniform des rasenden Reporters hüpfen, kriechen und zucken sie so lange in stoischer Symmetrie durchs Bild, bis sie merken, dass sie nicht vor einem Spiegel, sondern vor einem Durchgang stehen. An das irrwitzige Männerballett von Groucho und Harpo in „Duck Soup“ kommen sie aber nicht heran. Im direkten Vergleich mit einem Klassiker kann auch der beste Verehrer nur verlieren. Es ist so, als ob ein Sonntagsmaler die „Mona Lisa“ nachpinseln würde.

In seinem neunten Kinowerk spielt Waalkes einen Maler, der mit vier Kumpeln auf „Spiegeleiland“ (haha), einer kleinen ostfriesischen Insel, lebt und Wattansichten fertigt: Watt in der Abenddämmerung, Watt mit Möwen, Watt im Nebel. In dieses Idyll bricht das Böse in Gestalt und Physiognomie von Sky du Mont ein, der sich als aasiger Finanzjongleur Jean Du Merzac (sprich: Dummersack, haha) nur scheinbar für die Wattkunst interessiert und dabei ein millionenschweres Altmeistergemälde an sich bringt. Der Ölschinken aus dem 17. Jahrhundert, auf dem seltsamerweise ein Ottifant abgebildet ist, stammt aus altem Familienbesitz. „Den hat mir mein Vater auf seinem Sterbebett verkauft“, klagt der untröstliche Otto. Also muss er mit seinen Freunden aufs Festland, um die Raubkunst aus dem Du Merzac’schen Spielcasino von Bad Reibach (haha) zurückzuholen.

Der Titel „Otto’s Eleven“ spielt auf die Trilogie der „Ocean’s“-Einbruchsthriller an, denn auch beim Safe von Bad Reibach gilt es, allerlei hochsicherheitstraktartige Sperren zu überwinden. Man kann den Begriff „Eleven“ aber auch wortwörtlich verstehen. Otto spielt hier tatsächlich mit seinen Eleven, den Musterschülern einer Komikergeneration, die seinen Anarcho-Nonsens auf das Niveau des Privatfernsehklamauks heruntergebrochen hat. Waalkes war immer seine eigene Kunstfigur, doch seine Adepten treten als schablonisierte Typen auf, die jeweils für eine Spielart männlicher Beschränktheit stehen. Mirko Nontschew gibt den stets wie frisch aufgebügelt wirkenden Sportidioten, Arnd Schimkat einen schwäbelnden Computernerd, Rick Kavanian den unrasierten, knoblauchtriefenden Klischee-Griechen.

Mit seinen beiden „7 Zwerge“-Märchenadaptionen ist Waalkes tief hinabgestiegen in die Abgründe der Privatfernsehkomik, und weil sie so erfolgreich waren, bleibt er darin gefangen. Die Welt der sogenannten TV-Comedians ist ein selbstreferenzielles System. Ihre Gags zielen meist aufs Fernsehen. So muss Olli Dittrich als Harry Hirsch immer wieder den Spruch „I love to surprise you“ aufsagen, der sofort an RTLSat1ProSieben denken lässt. Und Max Giermann parodiert minutenlang gebissbleckend und konsonantenkauend den Moderator Stefan Raab, was er auch in der Fernsehsendung „Switch Reloaded“ tut und so aufregend ist, dass – wie im Plot erforderlich – jede Oma beim Zugucken sofort einschläft.

Immerhin Spurenelemente des alten Waalke’schen Wortwitzes sind noch da, etwa wenn Otto Oneliner raushaut wie „Ist der Kabeljau krank, soll er doch zum Heilbutt gehen“ oder „Dorsch ist schlimmer als Heimweh“. Was daran liegen könnte, dass „Titanic“-Mitgründer Bernd Eilert an der Verfertigung des Drehbuchs beteiligt war. Inszeniert wurde der Film vom „7 Zwerge“-Regisseur Sven Unterwaldt. Am besten klaut Otto bei sich selber. Er springt als sein eigener running gag durch „Otto’s Eleven“, mit Riesenschritten, hochgespreizten Armen und meckernd kichernd. Sicher heißt der Film so, weil er ein Riesenspaß ist für jeden ewig Elfjährigen.

In 17 Berliner Kinos

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false