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Ulrich Mühe

© dpa

Ulrich Mühe: Sein Tod kam tragisch früh

Ulrich Mühe erlag am Sonntag einem Krebsleiden. Der Schauspieler wurde durch den Film "Das Leben der Anderen" berühmt. "Hamlet ermittelt", nannte ein Kritiker die 1998 entstandene Serie "Der letzte Zeuge", die derzeit auf Arte wiederholt wird. Mühe spielt darin den Gerichtsmediziner Kolmaar.

Ulrich Mühe war auf dem Gipfel seines Ruhms, sein Tod kam tragisch früh. Im Kino wurde der Schauspieler mit dem oscargekrönten Stasi-Drama "Das Leben der Anderen" zum internationalen Star. Im ZDF avancierte der vielseitige Darsteller als Rechtsmediziner in der Krimiserie "Der letzte Zeuge" zum Publikumsliebling. Aber eigentlich war Ulrich Mühe ein Theatermann. Mit Heiner Müller feierte der gebürtige Sachse große Erfolge. Nach dem Mauerfall 1989 blieb er seinem Fach treu und erhielt als Charakterdarsteller viele Preise.

Am Sonntag ist Mühe, einer der Großen seines Fachs, im Alter von nur 54 Jahren in Walbeck in Sachsen-Anhalt an Krebs gestorben, wie erst heute bekannt wurde. Als die Todesnachricht bekannt wurde, hatte die Familie bereits in aller Stille Abschied genommen - wie Mühe es sich wünschte. Für die deutsche Film- und Theaterwelt ist sein Tod ein schwerer Verlust. Seine Schauspielkunst war nuanciert, nie auf Rollen festgelegt. Herausragend sein intensives, mit kargen Gesten auskommendes Spiel als zunächst überzeugter, dann zunehmend am Spitzelstaat DDR zweifelnder Stasi-Offizier in "Das Leben der Anderen".  

Mühe leistete seinen Wehrdienst an der Mauer

Der Film öffnete vielen die Augen, wie überwacht das Leben in der DDR war. Er selbst wusste das nur zu gut. Geboren in Grimma, leistete Mühe seinen Wehrdienst auch an der Berliner Mauer. Davon bekam er Magengeschwüre und musste den Dienst vorzeitig abbrechen. Sein Theaterhandwerk lernte der Sohn eines Kürschnermeisters in Leipzig und in Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, wo er 1979 sein erstes Engagement erhielt und in einem Ibsen-Stück debütierte. In den 80er Jahren entdeckte ihn Müller für die Ost-Berliner Volksbühne. Er wurde Ensemblemitglied am traditionsreichen Deutschen Theater und erntete viel Beifall für seine Rollen in Goethes "Egmont" oder Lessings "Nathan der Weise". Seine Theaterkarriere führte ihn bis ans Burgtheater Wien.

Aus seinen frühen Filmen ragt besonders sein Part als skrupelloser Karrierist in Bernhard Wickis Alterswerk, der Literaturverfilmung "Das Spinnennetz" (1989) nach Joseph Roths Roman, hervor - Seite an Seite mit Klaus Maria Brandauer. Danach reichte Mühes Spanne von Komödien wie "Rennschwein Rudi Rüssel" bis zu dem grausamen Drama "Funny Games". Herausragende Rollen hatte er in der Verfilmung des Hochhuth-Dramas "Der Stellvertreter" und in der Verwechslungskomödie "Goebbels und Geduldig". Mit seiner Frau Susanne Lothar war er unter anderem im Kinofilm "Schneeland" von Hans W. Geißendörfer zu sehen, einem Familiendrama, in dem er einen sadistischen Vater spielt, eine archaische Geschichte, "die leider ein bisschen zu sentimental" geworden ist, wie Mühe ganz offen sagte.

Komisches Talent

In Dani Levys Komödie "Mein Führer" zeigte er zuletzt wieder sein komisches Talent als Hitlers jüdischer Schauspiel-Lehrer an der Seite von Helge Schneider als Diktator. Millionen TV-Zuschauer schalteten freitagabends ein, wenn Mühe als Gerichtsmediziner Robert Kolmaar seit 1998 in der ZDF-Serie "Der letzte Zeuge" Verbrechen aufklärte - "Hamlet ermittelt", nannte ein Kritiker diese Mischung aus Bühnenkönnen und Fernsehkrimi einmal. Aus TV-Produktionen hat sich Mühe aber nicht viel gemacht. "Mit Fernsehen vertut man doch 'ne Menge Zeit, wenn man sich drauf einlässt", meinte er. Ihn ärgerte es, wenn von "DDR-Schauspielern" die Rede war. "Ich fand das ziemlich diskriminierend in den 90er Jahren, als immer in Klammern stand DDR-Schauspieler - so etwas hat man bei Uschi Glas nicht gemacht."

Im November 1989 demonstrierte Mühe mit anderen Künstlern gegen den SED-Staat. In seinem Privatleben blieb die DDR-Vergangenheit ein großes Thema. Mit seiner mittlerweile verstorbenen Exfrau Jenny Gröllmann stritt Mühe erbittert vor Gericht, ob er sie als IM bezeichnen durfte, wie im Buch zu "Das Leben der Anderen" geschehen. Er durfte nicht, eine bittere Erfahrung für Mühe und Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck, der ihm stets den Rücken stärkte. Als Künstler kannte Mühe die Repressalien des SED-Staates. Auf die Frage, wie er sich auf "Das Leben der Anderen" vorbereitet hat, sagte der DDR-Theaterstar schlicht: "Ich habe mich erinnert."

Die Rolle als Stasi-Offizier

Unvergessen ist Kinozuschauern die Szene, in der Mühe alias Offizier Gerd Wiesler mit seinen dunklen Augen zusammengesunken über Kopfhörer der Melodie lauscht, die aus der von ihm überwachten Wohnung kommt. Über seine Krankheit hatte Mühe vor wenigen Tagen erstmals öffentlich in einem Zeitungsinterview gesprochen. "Ja, ich habe Krebs, ich unterziehe mich den entsprechenden Therapien und hoffe, dass es mir bald wieder besser geht", zitierte ihn seine Agentur auf der Internetseite. Der Schauspieler, der in Berlin lebte, hinterlässt fünf Kinder aus drei Ehen. 

Caroline Bock[dpa]

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