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Kino: „Verfälschtes Hauptwerk“

Streit um Fassbinder spitzt sich zu: Mitarbeiter des Regisseurs fordern Rücktritt von Juliane Lorenz

25 Mitarbeiter des am 10. Juni 1982 gestorbenen Regisseurs Rainer Werner Fassbinder haben Juliane Lorenz aufgefordert, von ihrem Amt als Geschäftsführerin der Fassbinder Foundation zurückzutreten. Die Erklärung ist u.a. von den Regisseuren Werner Schroeter und Walter Bockmayer, den Schauspielern Peter Kern, Günther Kaufmann, Udo Kier, Ursula Strätz, Isolde Barth und Uli Lommel, den Produzenten Peter Berling und Molly von Fürstenberg sowie dem langjährigen Co-Regisseur und FassbinderProduzenten Michael Fengler unterschrieben. Unterzeichnet haben auch Frank Fellermeier, der Rechtsnachfolger des Fassbinder-Komponisten Peer Raben, und die Schauspielerin Ingrid Caven. Die Ex-Ehefrau von Fassbinder hatte Juliane Lorenz im „Zeit“-Interview als „moralisch ungeeignet“ bezeichnet, Fassbinders Erbe zu verwalten.

In der Erklärung heißt es nun, erst jetzt trete „in vollem Umfang zutage, mit welch zweifelhaften Methoden sich Juliane Lorenz den Alleinvertretungsanspruch auf das Gesamterbe gesichert“ und wie sie „ihr missliebige engste Mitarbeiter Fassbinders systematisch von allen Aktivitäten ausgeschlossen“ habe. Kritisiert wird auch, dass der Fassbinder Foundation zur Rechtsform einer Stiftung ein Stiftungsrat fehle. Außerdem protestieren die Unterzeichner gegen die neue DVD-Kassette von „Berlin Alexanderplatz“. Lorenz habe den Film „aus Gründen der besseren Verkäuflichkeit mehr als deutlich aufgehellt“; die Verfälschung dieses Fassbinder-Hauptwerks zeuge von „selbstherrlichem Banausentum“.

Juliane Lorenz wird auch aufgefordert, Fassbinders Werk „zum Beispiel der Stiftung Deutsche Kinemathek“ in Berlin zu übergeben. Deren Direktor Rainer Rother zeigte sich gegenüber dem Tagesspiegel von der Erklärung überrascht und geehrt. Sie sei „eine Bestätigung dafür, dass unsere Art, mit Nachlässen umzugehen, von der Filmbranche geschätzt wird“. Die Stiftung, die auch Fassbinder-Objekte verwahrt, ruft die Filmschaffenden einschließlich der Unterzeichner dazu auf, „an uns zu denken, wenn sie weitere Objekte der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen wollen. Das wäre ein erster Schritt, um eine vollständige Sicht auf Fassbinders Erbe zu erlangen.“ Rother betonte auch die Verdienste der Fassbinder Foundation und von Juliane Lorenz um den Erhalt des Fassbinder-Werks. „Dass das auch kontrovers gesehen wird, zeigt der Fall ,Berlin Alexanderplatz’.“

In den Augen des Kinemathek-Chefs liegt das Problem „aber nicht in der Tatsache, dass die kommerziellen Rechte bei der Fassbinder Foundation liegen, sondern darin, dass das Gesamtwerk nicht allen gleichermaßen offen steht“. So habe die Kinemathek mit der Foundation einen Vertrag über eingelagerte Objekte. Dennoch habe es kürzlich Ärger gegeben, weil der Kinemathek „die Präsentation einiger Kostüme von Fassbinder-Filmen bei der aktuellen Kostüm-Ausstellung im Filmmuseum von Seiten der Foundation nicht ermöglicht wurde“. chp

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