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Volker Koepps Dokumentarfilm "Berlin – Stettin": Brückenschlag

Volker Koepp ist keiner, der sich als Person selbst gern in den Vordergrund seiner Filme drängt. Dafür leuchten die Menschen, die uns dort begegnen, umso mehr – und die Landschaften, in denen sie leben. Wie in seiner Doku "Berlin – Stettin".

Seit 40 Jahren dreht Koepp Dokumentarfilme, die die Landschaften des östlichen Europa und ihre Bewohner porträtieren. Viele von ihnen hat er immer wieder besucht, mit Kameramann Thomas Plenert und Team oder auch privat. Besonders das Land zwischen Berlin und Ostsee lag ihm dabei am Herzen.

Auch „Berlin – Stettin“ fängt mit einer beeindruckenden Landschaftsaufnahme an, dem Blick von oben auf die Ostseeküste, wo hinter gewaltigem Wellenschlag die Sonne im Meer versinkt. Kurz darauf eine Landallee, ein typisches fast emblematisches Koepp/Plenert-Motiv. Doch plötzlich sind wir in Berlin-Karlshorst, da, wo der Regisseur seine Kindheit verbracht hat und sich jetzt aus dem Off mit einer Schulkameradin über die damaligen Zeiten unterhält. Und dann liest Fritzi Haberlandt einen Brief von einer Dame aus Bonn, die das Kriegsende gemeinsam mit Volker Koepps aus Stettin geflohener Mutter Thea in der Evakuation bei Neubrandenburg verbracht hat, vier Kinder im Schlepptau, darunter auch den 1944 in Stettin geborenen Volker.

Was Doris Krause von den Übergriffen der ersten Nachkriegstage zu berichten hat, legt gemeinsam mit Koepps eigenen Erinnerungen die Grundlage für einen außerordentlichen Film, der nach vierzig Jahren dokumentarischer Arbeit das Werk des ehemaligen Defa-Dokumentaristen noch einmal aus der persönlichen Erfahrung der Geschichte neu begründet. Dabei werden frühere Arbeiten durch ausführliche Filmausschnitte und neue Begegnungen mit den alten Held(inn)en reanimiert. Mit dabei sind etwa die alten Wittstocker „Mädchen“ Elsbeth und Renate und der Neu-Ossi Hans-Joachim Mengel, der als Schlossbesitzer und Bürgermeister gegen Windräder kämpft.

Wie es Koepp und seine Cutterin Beatrice Babin schaffen, ganz ohne Gewalt den Bogen von eiszeitlichen Endmoränen über Kriegsende und Planwirtschaft zu aktuellem Neonazismus zu schließen, ist bewundernswert und dürfte viel Geduld und Kraft im Schneideraum gekostet haben. Und vor Larmoyanz oder überbordenden Eitelkeiten muss auch bei Volker Koepps bislang autobiografischstem Film niemand Angst haben, weil der Regisseur die eigenen Erfahrungen auch hier wieder nur als Brücke zu denen anderer nutzt. So wird auch auf den Besuch im Stettiner Geburtshaus am Ende diskret verzichtet. Gewidmet ist „Berlin – Stettin“ der 2002 verstorbenen Thea Koepp. S.H.

fsk, Hackesche Höfe, Krokodil, Kant

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