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Kultur: Klarinettissimo

Sabine Meyer und das ORF-Orchester Wien.

Mit 25 Jahren wurde er Generalmusikdirektor in Heidelberg, mit 30 kam die Chefposition beim ORF-Radio-Symphonieorchester Wien hinzu. Jetzt ist Cornelius Meister 32 und gastiert mit seinen Österreichern in der Philharmonie. Nüchtern geht er die Einleitung der dritten Beethoven’schen Leonoren-Ouvertüre an, kontrollierte Emphase herrscht auch bei den dramatischen Passagen. Dieser Maestro, das wird schnell klar, ist mehr an Strukturen interessiert als an Klangfarben.

In den anschließenden Werken Carl Maria von Webers verzichtet er sogar fast vollständig auf Atmosphäre, lässt die Musiker zudem oft an der Grenze des Hörbaren spielen. Womöglich soll das eine Kavaliersgeste an Sabine Meyer sein, die umjubelte Solistin des Abends. Dadurch aber fehlt der Klarinettistin ein Partner, ein Gegenüber, mit dem sie in Dialog treten könnte. Webers Concertino wie auch sein f-Moll-Klarinettenkonzert werden zwangsläufig zu Solonummern.

Aber zu was für welchen: In ein, zwei Takten vermag Sabine Meyer klingende Landschaften entstehen zu lassen, von der Sommerwiese wechselt sie zum düsteren Tannwald, verleiht hier einem einzelnen Ton schimmernden Goldglanz, steigt dann wieder ab ins moosig tiefe Register, saust singend durch die Oktaven, virtuoser, als es jede Belcanto-Diva könnte, formt schier endlose Kantilenen, bis dem Zuhörer der Atem stockt. Wie schade, dass Dirigent und Orchester daneben so graumäusig bleiben.

Hörbar besser liegen Cornelius Meister die herben, komplexen Klangwelten von Béla Bartóks „Konzert für Orchester“. Er dirigiert auswendig, koordiniert souverän, bewahrt stets den analytischen Weitblick. Hier kann dann auch das ORF-Orchester endlich zeigen, wo seine Qualitäten liegen. Frederik Hanssen

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