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Kultur: Klassik ist, ...

Zwei etwas andere Konzerte mit Christian von Borries..

Zwei etwas andere Konzerte mit Christian von Borries...Ein wenig unsicher waren sie schon, die Zuhörer, die sich am Mittwoch in den Sophiensälen zusammengefunden hatten.Ein Abend mit dem Ensemble Resonanz, der Kammermusikformation der Jungen Deutschen Philharmonie, in Berlins angesagtester Off-Spielstätte - ein Fall für den strengen Neue-Musik-Schwarzer-Rollkragenpullover-Blick oder doch eher für die klassisch-korrekte Psst-vorne-spielt-die-Musik-Konzertsaalhaltung? Tatsächlich verging eine gute Stunde, bis das Publikum feststellte, daß der Dirigent Christian von Borries mit seinem "historical ambient"-Projekt nichts anderes im Sinn hatte, als spannende Musik in entspannter Atmosphäre zu servieren.Die Fenster waren nicht geöffnet, die Stühle nicht deshalb gruppenweise im Saal verteilt worden, weil irgendein Komponist dies in seitenlangen Aufführungsvorschriften so festgelegt hatte, sondern einfach nur, um die Frühlingsluft hereinzulassen und eine lockere, kommunikationsfördernde Atmosphäre zu schaffen.Christian von Borries ließ die Musiker nicht darum verschiedene Positionen im Raum einnehmen, fügte die Werke von Satie und Mozart, von Rameau und La Monte Young nicht mit dem Ziel nahtlos aneinander, weil er das Phänomen unseres ästhetischen Unbehaustseins in der anything goes-Beliebigkeit des global village durch die klingende Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen versinnbildlichen wollte, sondern einfach, um ein außergewöhnliches Konzertambiente zu schaffen.Mit Stimmungsmusik von Beethovens "Pastorale" über die am Frühstückstisch nachzutrommelnde "Living Room Music" von Cage bis zu meditativen Computersounds von heute.Keine Aufforderung zur intellektuellen Selbstkasteiung, sondern die Einladung, sich auf eine sinnliche Vergnügungsreise einzulassen: Also wurden zum "ohrenvergnügenden Tafel-Confect" von 1733 echte Pralinen gereicht, die improvisierte Saalbar blieb durchgehend geöffnet, Flanieren, sogar Plaudern während der Darbietungen war erwünscht und wurde praktiziert - ohne daß dadurch die Musik ins Hintertreffen geriet.Ein zukunftsweisender, kurzweiliger Gesellschaftsabend, der zeigt, wie man heute an die Tradition der musikalischen Salons des 19.Jahrhunderts anknüpfen kann. F.H.

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