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Kultur: Klimmts Rücktritt: Wie ausgewechselt

Volker Neumann guckt an diesem Donnerstag in die Kameras, wie er immer guckt: Überwiegend ernst, nur in den Mundwinkeln ein Anflug von Spottlust. Dem Vorsitzenden des Spendenuntersuchungsausschusses ist nur zu klar, dass man eins jetzt auf gar keinen Fall in seine Miene hinein interpretieren darf - Triumphgefühle.

Von Robert Birnbaum

Volker Neumann guckt an diesem Donnerstag in die Kameras, wie er immer guckt: Überwiegend ernst, nur in den Mundwinkeln ein Anflug von Spottlust. Dem Vorsitzenden des Spendenuntersuchungsausschusses ist nur zu klar, dass man eins jetzt auf gar keinen Fall in seine Miene hinein interpretieren darf - Triumphgefühle. Seit drei Tagen ist Neumann der einzige SPD-Promi in Berlin, der öffentlich den Rücktritt des Parteifreunds Reinhard Klimmt gefordert hat. Viele andere Sozialdemokraten haben so gedacht wie der Chef-Aufklärer, aber den Mund gehalten.

Besonders beliebt gemacht hat sich Neumann in diesen Tagen also nicht, zumal in der SPD-Führung die mindestens implizite Gleichsetzung Klimmts mit Helmut Kohl auf wenig Begeisterung stieß. Neumann bekundet dem nun doch zurückgetretenen Minister erst einmal seine Hochachtung für den "auch menschlich sehr schwierigen Schritt". Erfahren hat der Jurist aus Bramsche von Klimmts Demission nur indirekt. Die Ausschuss-Pflicht hielt den Vorsitzenden im Saal des Finanzministeriums an der Wilhelmstraße, während Klimmt in der SPD-Fraktion seinen Entschluss bekannt gab.

Die Nachricht platzte mitten in eine Zeugenvernehmung. Sie löste Erleichterung aus. Dass es drei Tage gebraucht hat vom Strafbefehl bis zum Rücktritt, findet Neumann "noch im Rahmen dessen, was erträglich ist". Erträglich vor allem für den Ausschuss und seine Glaubwürdigkeit. Klimmt habe nicht nur der Partei einen Dienst erwiesen: "Er hat uns freier gemacht, weil wir auf dem moralischen Boden weiterarbeiten können, auf dem wir angefangen haben."

So sehen das Neumanns Kollegen auch. "Wenn der Klimmt mit einem Strafbefehl wegen Beihilfe zur Untreue im Amt geblieben wäre, dann hätten wir hier aufhören können", sagt ein Ausschussmitglied. Geht es doch in der CDU-Spendenaffäre ebenso um Untreue - wenn auch, politisch betrachtet, in einem schwereren Fall. Die Wechselwirkung zwischen beiden Affären ist ohnehin unbestreitbar: Ohne die Empörung über Kohl, Kanther und Koch hätte es kaum diese Empörung über Klimmt gegeben.

So ist in gewisser Weise der Verkehrsminister - nach Wolfgang Schäuble - das zweite Opfer des Untersuchungsausschusses. Bleibt der SPD als Trost: Opfer Nummer drei wird wohl wieder ein Christdemokrat - Klimmts mutmaßlicher Mittäter, der heutige saarländische Innenminister Klaus Meiser.

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