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Kultur: Klingt vielversprechend

Eine neue Genossenschaft aus Plattenfirmen und Konzert-Veranstaltern will Berlins Musikwirtschaft fördern

„Music made in Berlin“ ist eine Marke. Wenn es in Clubs in London oder Amsterdam oder sonstwo heißt, der DJ des Abends komme aus Berlin, dann hat der schonmal einen Bonus. Künstler wie Paul van Dyk, Modeselektor oder Peaches sind im Ausland bekannter als hierzulande. Trotzdem gibt es keinen Grund, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, sagt Stephan Rombach. „Die Marke Berlin ist noch diffus, sie könnte klarer vermittelt werden.“

Der 34-Jährige ist der GründungsVorstand der neuen „Berlin Music Commission“. Einer Genossenschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Berlins Musikbranche zu repräsentieren und zu fördern. Bisher gibt es schon einen Zusammenschluss der Berliner Plattenfirmen und einen Verein der hiesigen Clubs. Jetzt wollen alle zusammen mit einer Stimme sprechen, sagt Rombach.

Bekannt gegeben haben sie ihre Pläne im September während der Musikmesse Popkomm, eine Woche später haben sie die Gründung vollzogen. Seitdem hockt Stephan Rombach in seinem Büro in Kreuzberg am Computer und macht „Strukturarbeit“, wie er sagt. Er sortiert Adressen, hält Kontakte, sucht nach Büroräumen, studiert Paragraphen. Rombach kann das alles, er hat Betriebswirtschaft studiert. Ende des Jahres will er mit seiner Arbeit fertig sein, dann soll ein Geschäftsführer gewählt werden, der die Commission nach außen repräsentiert. Dem möchte Rombach eine „schlüsselfertige Genossenschaft“ übergeben.

Und erst dann kann die eigentliche Arbeit beginnen. Eine Reihe von Projekten sind angedacht, welche davon umgesetzt werden, muss noch entschieden werden – um das zu diskutieren, hat die Genossenschaft extra ein achtköpfiges Kuratorium eingerichtet. Im Gespräch ist etwa die Ernennung von prominenten „Botschaftern“, die in Deutschland und im Ausland für „Music made in Berlin“ werben. Das müssen keine Profimusiker sein – auch Schauspieler, Autoren oder Sportler kämen in Frage. „Im Prinzip jeder, der von der Musik unserer Stadt genauso angetan ist wie wir“. Außerdem soll es eine Reihe von Konzerten Berliner Bands in London geben. Langfristig will die Commission auch in den USA und in China aktiv werden.

Natürlich auch zu Hause in Berlin: Rombach denkt über eine eigene Bühne beim nächsten Freiluft-Festival „Fête de la Musique“ im Frühsommer nach. Und über eine „europäische Clubnacht“, bei der in 28 verschiedenen Berliner Clubs gefeiert wird – für jedes Mitgliedsland eine Tanzfläche. Ganz wichtig werden die runden Tische sein, die die Genossenschaft organisieren möchte: Dort sollen nicht nur Insider der Musikindustrie sitzen, sondern auch Vertreter anderer kreativer Sparten: „Wir werden den Kontakt mit Modedesignern und Filmschaffenden suchen, auch mit der Computerspiele-Industrie“. Gerade durch den Austausch entstehen neue Ideen, vielleicht auch für gemeinsame Projekte, sagt er.

Warum musste die Commission unbedingt eine Genossenschaft werden? „Es ist für unsere Zwecke die ideale Rechtsform“, findet Rombach. „Besonders nach der Gesetzesreform im vergangenen Jahr.“ Die Berlin Music Commission solle schließlich ein „offenes Netzwerk“ sein, bei dem man ein- und wieder aussteigen könne. Vor allem einsteigen, natürlich. „Hätten wir uns für die Gründung einer GmbH entschieden, müssten wir jedesmal zum Notar rennen, wenn sich uns ein neues Mitglied anschließen will“, sagt Rombach. Das kostet Zeit und Geld.

Noch sind erst 24 Unternehmen Mitglied, aber dabei soll es nicht lange bleiben. Bis Ende nächsten Jahres wollen sie wenigstens 40 sein. „Wir wissen von einigen Firmen, die mitmachen wollen“, sagt Stephan Rombach, „aber so etwas dauert manchmal seine Zeit“. Die derzeitige Mitgliederliste zeigt bereits: Hier sind Leute am Werk, die sich in der Branche auskennen. Die Betreiber der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg und der Treptower Arena sind ebenso dabei wie diverse SzeneLabels, zum Beispiel Morr Music, Piranha oder Sonar Kollektiv. Die haben immerhin international erfolgreiche Künstler wie The Notwist und die Nujazz-Erfinder Jazzanova unter Vertrag. Letztere hatten gerade einen gefeierten Auftritt vor hunderten geladenen Gästen im New Yorker Guggenheim-Museum.

Bis jetzt wird das Projekt „Berlin Music Commission“ komplett mit eigenen Mitteln gestemmt, aber die Macher hoffen auf Förderung, unter anderem vom Land Berlin. Das könnte klappen: Die Senatsverwaltung für Wirtschaft unterstützt seit langem die Vernetzung der Kreativwirtschaft, hat deswegen extra die Initiative „Projekt Zukunft“ ins Leben gerufen. Leiterin Ingrid Walther lobt den Ansatz der „Berlin Music Commission“ und sieht gerade die kleinen und mittleren Unternehmen als Chance in der gegenwärtigen Musikkrise – „wenn die es schaffen, sich effizient zu vernetzen und ihre Produkte gemeinsam zu vermarkten“. Laut Walther hat das Land Berlin bereits positiv über beantragte Fördergelder für die Commission entschieden.

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