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Kultur: Klinische Moderne

Sie gehörten enger zusammen, als Künstlerehepaare gewöhnlich zusammengehören. Maina-Miriam Munsky und Peter Sorge hatten zwar meist getrennte Ateliers, aber keinen getrennten Stil.

Sie gehörten enger zusammen, als Künstlerehepaare gewöhnlich zusammengehören. Maina-Miriam Munsky und Peter Sorge hatten zwar meist getrennte Ateliers, aber keinen getrennten Stil. In den Jahrzehnten seit der Pop-Art, zu der man Sorge rechnete, schienen sie unzertrennlich; selten dass einer von ihnen alleine in der Öffentlichkeit erschien. Jetzt ist Maina-Miriam Munsky nach langem Leiden erst 56jährig gestorben.

Beide Namen standen in der Berliner Kunstszene für so etwas wie eine eng verschworene Nachhut-Truppe eines sehr deutschen Realismus, der sich eher an die Neue Sachlichkeit der Zwanziger Jahre anschloss als an spätere - und anscheinend modernere - gegenständliche Stile, seien sie surreal, sozialistisch oder pop-artig. Dabei griff Sorge auf das Medienbild zurück oder, wie es damals schien, voran. Munsky bevorzugte nicht die Zeichnung, sondern das gestaltete Tafelbild. Die Modernität, die sie besaß, kam wohl von ihrem bewusst gewählten Hauptthema, dem keimfrei-klinisch abgeschlossenen Operations- und Geburtssaal, der nicht nur Einblick in eine wichtige Errungenschaft moderner Zeiten gab, sondern diese auch zu symbolisieren schien. Die wissenschaftliche Technik ist selten ähnlich intensiv von den modernen Künsten aufgegriffen worden wie in diesen Bildern.

Ausgebildet war Maina-Miriam Munsky, die 1948 in Wolfenbüttel geboren wurde, zunächst in Braunschweig bei Professor Voigt, denn ein Jahr in Florenz und endlich, bei Camero und Bachmann, an der Hochschule der bildenden Künste. Hier lernte sie auch Peter Sorge kennen, den sie 1970 heiratete. Er, ebenfalls vom Leben und von Krankheit schwer geschlagen, und ein Sohn bleiben zurück. Von ihr das Andenken an eine tapfere Frau und eine Kunstrichtung speziell Berliner - und vielleicht West-Berliner - Art, die zwar eine Möglichkeit für die Zukunft andeutete, sich aber niemals ganz durchsetzen konnte.

Immerhin hat auch Munsky ihre Anerkennung gefunden. Sie wurde Mitglied des Deutschen Künstlerbundes und versuchte, ihre Kunst an Schüler weiterzugeben, vor allem in Dozenturen an verschiedenen Sommerakademien. Auch gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe "Aspekte". Ihre Bilder waren eine Weile der Geheimtip von Sammlern neuer Kunstformen, die auf den alten Werten beruhten. Das könnten sie auch über diesen allzu frühen Tod hinaus bleiben, Wegzeichen für alte und neue Talente. Dass Alt und Neu nicht unbedingt Gegensätze sein müssen - zumindest in der Kunst nicht - hat Maina-Miriam Munsky mit ihrem Werk bewiesen.

Heinz Ohff

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