zum Hauptinhalt

Kultur: Knaack-Club: Friedhof

"Den nächsten Song widme ich meinem Leichenbestatter!" - kein schlechter Einfall für einen Mann, der auf seinem dritten Album "Temporary Shelter" Stimmungsbilder entwirft, die sich Nick Cave nicht einmal am Totensonntag zutrauen würde.

"Den nächsten Song widme ich meinem Leichenbestatter!" - kein schlechter Einfall für einen Mann, der auf seinem dritten Album "Temporary Shelter" Stimmungsbilder entwirft, die sich Nick Cave nicht einmal am Totensonntag zutrauen würde. Der 52-jährige Texaner Johnny Dowd lebt für die Grundwerte amerikanischer Musik. Er pflegt keinen gemütlichen Neo-Traditionalismus, sondern einen knarzig-ironischen Country-Rock, der von Hank Williams bis Black Sabbath an den Wurzeln gräbt, so kaputt, wie man es sich vielleicht vorstellen könnte, wenn Alex Chilton auf den Trichter gekommen wäre, zusammen mit den Melvins die gesammelten Werke von Edgar Allen Poe zu vertonen. Im Vergleich zu den Studioaufnahmen des aktuellen Albums, bei denen sich Orgelgeschmiere und Keyboardeffekte wie kalte Knochenhände aufs Trommelfell legen, spielt Tastenmann Justin Asher beim Auftritt im Knaack-Club die zweite Gitarre, kämpferische Soli, die das griffige Saitenspiel von Dowd ergänzen und den Songs einen etwas konventionelleren Rock-Anstrich geben. Trotzdem geht nichts von der gespenstischen Spannung verloren. Dafür sorgt auch Kim Sherwood-Caso, deren glockenhelle, immer etwas abwesend wirkende Sing-Sang-Stimme einen gescheiten Kontrast zur Präsenz von Dowds narrativem Geknurre liefert. Zwei Stunden lang haben Band und Publikum hochprozentigen Feierabend-Spaß. Als gelte es, die Zeit, die ihnen noch bleibt, so sinnvoll wie möglich zu nutzen.

Zur Startseite