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Kultur: Kochen gerne, aber wer wäscht ab?

Der Irak-Krieg auf dem Podium: erste Runde auf Schloss Elmau

Die normative Kraft Amerikas liege in Trümmern, schrieb Jürgen Habermas dieser Tage zum Irak-Krieg; angesichts der Angst vor dem Terror verdichte sich nur weiter „die cartesische Angst eines Subjekts“, das „sich selbst und die Welt ringsum zum Objekt zu machen versucht, um alles unter Kontrolle zu bringen“. Habermas machte es den Seinen wie den Andersdenkenden wie üblich nicht unbedingt leicht, und so entrang sich denn auch der ein oder anderen Diskutantenbrust auf Schloss Elmau ein leiser Seufzer, als das unvermeidliche Stichwort fiel.

Schließlich oblag es dem Berliner Politologen Herfried Münkler beim Thema „Zivilisatorischer Imperialismus und Geopolitik – Amerika vs. Eurasia in einer Neuen Weltordnung“ in Opposition zur deutschen Chefdenkeretage zu gehen, und er mochte nicht recht erkennen, dass die USA eine „bewusste Politik“ verfolgten. Der fälschlich so genannte „Hegemon“ stoße vielmehr nur in entstehende geopolitische „Vakuen“ vor; derart folge Politik eher physikalischen Gesetzen: Durch Druck entsteht Gegendruck.

Ziel oder nicht Ziel

Die von Münkler vermisste „Zielgerichtetheit“ amerikanischer Außenpolitik konnten die zwei anwesenden US-Intellektuellen, obwohl aus grundverschiedenen Lagern, freilich sehr wohl ausmachen. Ronald Asmus zum Beispiel, Demokrat und ehemaliger Berater von Bill Clinton, sah nicht nur den Krieg gegen den Irak durch das Völkerecht bei weitem besser abgedeckt als seinerzeit die Kosovo-Intervention (die erst nachträglich legitimiert werden konnte), sondern auch insgesamt eine Bringschuld Amerikas ansatzweise eingelöst: Mit dem Fall Saddam Husseins, so Asmus, beginne auch die „Transformation des Mittleren Ostens“; eine dringliche Mission, wie der Republikaner und außenpolitische Experte Walter R. Mead beständig ergänzte, der sich die Europäer seit nunmehr über zehn Jahren entzögen.

Interessanterweise spiegelte die Elmauer Diskussion auf einer anderen Ebene ziemlich genau wieder, warum das politische Personal gerade so viele Schwierigkeiten hat, einen Dialog zu führen. Auch auf dem Podium nämlich mochte den Deutschen (deren anderer Vertreter Reinhard Hesse war, auch als Redenschreiber für Gerhard Schröder tätig), nicht recht die amerikanische Haltung einleuchten, die für sich reklamiert, dass „einer das tun muss, was er zu tun hat“ (Walter R. Mead). Amerika tut es – und will auf diesem Wege weder aufgehalten noch kritisiert werden. Mead unterstrich, wie lästig und geradezu absurd es aus amerikanischer Sicht sei, in Zweifelsfällen gewissermaßen auf ein Veto alter europäischer Fußkranker Rücksicht nehmen zu müssen, die im Zweifelsfall „immer zu langsam sind“.

Ob gerne oder nicht: Die Deutschen auf dem Podium ließen sich jedenfalls schnell in die Position der Nörgler drängen, denen es im Grunde genommen nicht passt, dass die Amerikaner immer kochen, die Europäer dann aber oft den Abwasch zu bestreiten haben, wie Münkler den amerikanischen Historiker Ronald Kagan zitierte. In mitunter belehrender Diktion warnte Münkler einerseits vor amerikanischer Selbstüberschätzung, andererseits mahnte er europäischen Gestaltungswillen an. Reinhard Hesse ergänzte, der Irak-Krieg müsse als Weckruf dienen: ein „act together“ der Europäer sei das Gebot der Stunde. Wohin diese Zusammenarbeit aber führen solle, dafür mochte zumindest der britische Historiker Harold James, der seit langem in Princeton lehrt, keine großen Anzeichen zu erkennen. James frotzelte, allein die „europäische Familie“, von der namentlich Jacques Chirac in Athen zuletzt so bewegt gesprochen habe, könne es doch nicht sein. Warum sich dann nicht gleich an die Seite der Amerikaner stellen, wie es Tony Blair– dessen Name nicht fiel – so mustergültig vorgemacht hat?

Aufhorchen ließ noch eine These von James, demnach es sich im Verhältnis von Amerika und Europa um den Konflikt zwischen Jung und Alt handle. Er bemühte Wagners „Ring“ und ordnete Amerika selbstverständlich als Siegfried ein, dem das wotanische Europa, immer an zu viele Verträge und Traditionen gebunden, mürrisch und mit leeren Augen zuschaue. Nur zur Erinnerung: Auch Siegfried scheiterte.

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