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Kultur: König der Spaßmacher

Er begann als Chaplin-Imitator: Mit 100 Jahren ist Bob Hope gestorben, Amerikas liebster Komiker

Vier Oscars, die American Congressional Medal of Honor, die Medal of Liberty, unzählige Woods und Irons für den leidenschaftlichen Golfspieler und gut und gerne 500 Millionen Dollar: Das ist nur ein Teil des – längst im Guinessbuch der Rekorde verzeichneten – Erbes von Bob Hope. Ein anderer sind mehr als 70 Filme, zahllose Platten und CDs sowie über 300 Fernsehshows. Außerdem hat er in gut tausend Radiosendungen mitgewirkt.

Mit knapp 50 Doktorhüten hat man ihn ausgezeichnet: Bob Hope, der Spaßvogel, mit Doktorhut? Lachen ist gesund, befand die amerikanische ÄrzteVereinigung schon 1956 und nahm ihn auf. Auch mit Skandalgeschichten knausert der nach Chaplin in den USA beliebteste Komiker nicht. So sah eine Biografie ausgerechnet ihn, einen der treuesten Ehemänner Amerikas, der fast 70 Jahre mit seiner Frau Dolores verheiratet war, in fast ebenso vielen fremden Betten. Die „unautorisierte Biografie“ mit dem Titel „The Secret Life of Bob Hope“ wurde den Fans 1993 auf den Weihnachtstisch gelegt: Der Popularität des Stars hat sie kein bisschen geschadet. Vielleicht weil Arthur Marx sie verfasst hat, ein Sohn von Groucho, dem dreistesten Schandmaul unter den Brothers. Und vielleicht, weil es so wunderbar passte zu dem Buch, das Dolores Hope, geborene Read, Jahre zuvor über ihre Ehe verfasst hatte: „Falls Sie Bob sehen, grüßen Sie ihn bitte von mir“.

Augen eines Reptils

Seinen größten Auftritt, sagt Bob Hope, hatte er in England: Er wurde dort geboren, am 29. Mai 1903. Er war vier, als er mit seinen Eltern und fünf Brüdern nach Amerika kam. Er wuchs in Cleveland/Ohio auf und verdiente sein erstes Geld als Schuhputzer, Zeitungsverkäufer, Boxer. Mit zehn Jahren gewann er seinen ersten Wettbewerb – als Chaplin-Imitator. Sein unwiderstehliches Nachahmungstalent und ein unermüdliches Mundwerk ließen ihn mit kleinen Trupps durch die Staaten tingeln, bis er 1929 in New York und bald darauf am Broadway landete, als Tänzer und Sänger und Komiker in Operetten, Musicals, Revuen.

Seine britisch geschliffene und amerikanisch breite Sprechweise brachte ihn 1935 unweigerlich zum Radio. Als er dort sein erstes Honorar bekam, fühlte er sich, als hätte er eine Bank ausgeraubt. „Sie gaben mir so viel, dass ich ein paar Runden drehen musste, um es zu zählen; ich hatte das Gefühl, es gestohlen zu haben.“ Er hatte bald eine erste eigene Radioshow, beschäftigte acht Pointenschreiber in seiner „joke factory“ rund um die Uhr – und verheizte an einem Abend, woran die Spaßfabrikanten einen Monat geschrieben hatten. Denn wo andere eine Pause einlegten, um Zeit zu lassen für das Gelächter, da raste seine Suada weiter, so dass die Lacher erst in der Mitte der nächsten Geschichte folgten. Das war sein Markenzeichen genauso wie das unmögliche Gesicht mit dem Unterkiefer einer deutschen Dogge und den kleinen Augen eines Reptils.

So kam er schließlich nach Hollywood, wo er mit Bing Crosby in einer der erfolgreichsten Filmserien aller Zeiten spielte: Seine Kinolegende begründete er mit Victor Schertzingers „Road to Singapore“ (1940), es folgten weitere „Weg“-Filme, bis in die Sechzigerjahre: nach Sansibar, Rio oder Hongkong. Seltsame Karriere: Meist spielt Hope dort nämlich den Trottel, der die Frau – Dorothy Lamour – seinem Partner überlassen muss. Sein schönster Film aber war „The Paleface“ (1947), der in Deutschland unter dem Titel „Sein Engel mit den zwei Pistolen“ lief: Der Engel war Jane Russell als Calamity Jane, die in der Westernparodie einem reisenden Zahnarzt den Fluchtweg vor seinen wütenden Patienten freischießen musste.

Auftritt des Gasmanns

Die Amerikaner liebten Bob Hope, der sich selbst gern „die Mitte Amerikas“ nannte, auch als Patrioten. Seit 1941 hat er ein halbes Jahrhundert lang die GIs an allen Fronten, zuletzt noch beim Golfkrieg, mit seinen stets hygienischen Witzen versorgt. Längst war er, obwohl nie Soldat, Ehrengeneral der US-Army, zuletzt sogar Ehrenveteran. Er konnte es sich leisten, zur Präsidentenwahl von Ronald Reagan zu sagen, dass dieser in Washington ein besserer Schauspieler sei, als er es in Hollywood war.

Bob Hope hat immer seinen Preis gekannt. Noch als 90-Jähriger nahm er für den Auftritt bei privaten Partys 16 000 Dollar, und als man ihm für eine dreistündige Lesung aus seiner Autobiografie 100000 Dollar anbot, lehnte er ab, weil es ihm zu wenig schien. Kein Wunder, dass der Gagaholic wenig zu Hause in San Fernando war. „Meine Frau zog die Kinder auf“, sagte er, „und ich war der Ehrengast. Jahrelang glaubten sie, ich sei der Gasmann.“

Erst im Mai feierte er seinen 100. Geburtstag, sieben Jahre zuvor hatte er sich aus dem Showgeschäft zurückgezogen. Ein später Pensionär – und immer noch der Liebling der Nationen. Zum Geburtstag nannte Hollywood eine Straßenkreuzung nach ihm und die Queen übermittelte transatlantische Glückwünsche.

In der Nacht zum Montag ist der legendäre Entertainer zu Hause im kalifornischen Toluca Lake an einer Lungenentzündung gestorben. Der Witz war dem „Midas of Comedy“ bis kurz vor Schluss nicht vergangen.

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