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KOLONIALGESCHICHTE„Bilder verkehren“ und „The Making of“: Stimmen aus dem Off

Eine Postkarte zeigt eine nur mit einem Bastrock bekleidete Schwarze, die einen Matrosen küsst. Dazu dann der Text: „Friedensverhandlungen in Südwest-Afrika“.

Eine Postkarte zeigt eine nur mit einem Bastrock bekleidete Schwarze, die einen Matrosen küsst. Dazu dann der Text: „Friedensverhandlungen in Südwest-Afrika“. Ein fremder, melancholischer Singsang in der Sprache der Gurkha kündet von der Sehnsucht nach der Heimat. Im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien begeben sich zwei Ausstellungen auf sehr unterschiedliche Weise auf die Spuren der Kolonialgeschichte.

„Bilder verkehren“ präsentiert rund 350 Postkarten aus den 1870er bis 1930er Jahren. Diese verdeutlichen, welche Bedeutung das Streben nach dem „Platz an der Sonne“ in dieser Zeit in der deutschen Öffentlichkeit eingenommen hat. Die Bandbreite reicht von politischer Propaganda über Werbung für Kolonialwaren bis zu Motiven, die schwarze Migranten im europäischen Unterhaltungsgewerbe zeigen. Der „Cake Walk“ war der erste schwarze Modetanz. Die entlarvende Typologie eines scheinbar harmlosen Massenmediums.

In „The Making of ...“ treffen deutsche Forscher zur Zeit des Ersten Weltkriegs auf internierte „Kolonialsoldaten. Im „Halbmondlager“ in Wünsdorf bei Berlin lassen die Wissenschaftler gefangene Gurkha-Soldaten der britischen Armee selbst verfasste Lieder in den Trichter eines Grammofons singen. Die 7000 bis 7500 Schellackplatten befinden sich heute in den Archiven der Humboldt-Universität. Zusammen mit Bildmaterial, Geräuschen und Stimmen aus dem Off montiert die Ausstellung die Gesänge zu einer komplexen audiovisuellen Collage. Die sinnliche Annäherung an ein kaum bekanntes Kapitel des Kolonialismus.Jens Müller

Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, bis Do 17.2., tägl. 12-19 Uhr

Jens Müller

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