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Bild von zwei Cocktails

© Doris Spiekermann-Klaas

Kolumne "Ausgehen": Die Geschichte des Cocktails: Shake it, Baby

Wo ist eigentlich der Cocktail erfunden worden? Es gibt zahlreiche Gründungsmythen. DAs Salut! in Schöneberg ist eine Bar mit klassischem Ambiente - und hier steht der Cocktail in seiner Urform im Mittelpunkt.

Der Cocktail an sich war historisch nie dieses künstlich-süße Getränk, das heutzutage in ausgedehnten Happy Hours in Massen über den Tresen geht. Sein Ursprung ist praktisch das genaue Gegenteil: Früher waren diese Alkoholkreationen herbe Mischgetränke, die zur Signatur einer traditionellen Bar gehörten.

Wo genau der Cocktail erfunden wurde, darum ranken sich reichlich Mythen. Alleine die Herkunft des Namens gibt bis heute Rätsel auf: Basiert es auf dem französischen „coquetel“, einem weinhaltigen Mixgetränk aus dem 18. Jahrhundert? Vielleicht ist es vom englischen Wort für „Hahnenschwanz“ hergeleitet, weil die bunten Farben des Getränks an einen solchen erinnern? Oder kommt es doch, wie es das Oxford-Dictionary behauptet, vom nordamerikanischen Begriff „Cocktail“, womit zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Gebräu bezeichnet wurde, das zu morgendlicher Stunde als stärkendes Aufbaugetränk konsumiert wurde? Welche der Geschichten auch stimmt: Der Cocktail wurde definitiv nicht in einer bunt-leuchtenden Partylounge erfunden, wie sie Berlin überschwemmen, sondern in einem Etablissement mit Kneipenhockern und bittersüßer Trinklaune.

Genüssliches Fläzen zwischen Art-déco und Ledersofas

Betritt man das Salut! in der Goltzstraße in Schöneberg möchte man an all diese Gründungsmythen glauben, denn hier ist „klassisch“ eindeutig der richtige Begriff: Große Ledersofas laden zum genüsslichen Fläzen ein. Die Wanddekoration mit Ölgemälden und grau-schwarz gemusterter Tapete erinnert an romantisierte Herrensalons, in denen die Drinks mit einer versnobten Attitüde getrunken wurden. Im rötlichen Dämmer startet eine Reise durch die Zeit, an deren Ende ein echtes Art-déco-Ambiente der Jahrhundertwende wiederaufersteht, ein Fenster in die Geschichte der uramerikanischen Bar.

Selbstredend kommen die Getränke ebenfalls in ihrer herben Urform auf den Tisch. Die Namen gleichen kaum denen einer handelsüblichen Getränkekarte, die Zutaten sind ungewöhnlich. Der bestellte „Trade Route“ besteht aus Cachaça, Pflaumenwein, Zitrone und Tonic. Ein wohlgemischtes Getränk, das automatisch in langsamen Schlucken genossen wird. Da wird der simple Kneipengang zu einem kleinen Ritual, in dem sich die Gespräche auch gern mal über mehrere Stunden ziehen können.

Es war übrigens 1806, als der Cocktail zum ersten Mal in einer Zeitung als alkoholisches Getränk bezeichnet wurde, gemischt aus jeder Art von Hochprozentigem und einer Komposition von Zucker, Wasser und Angostura. Eigentlich eine simple Textur, aber ziemlich wirkungsvoll.

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