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Berliner Kneipe "Alter Roter Löwe Rein": Unterm Hirschgeweih

Ausgehen in Berlin: Nadine Lange stattete der Kneipe "Alter Roter Löwe Rein" einen Besuch ab. Nicht nur das bayerische Bier fand ihre Begeisterung.

Der Weg gehört schon zum Vergnügen. Wenn man von der wuseligen Karl-Marx-Straße in die enge Uthmannstraße einbiegt, setzt umgehend ein Entspannungseffekt ein. Der Alltagsstress rückt in die Ferne, Feierabendfreude kommt auf. Es ist erstaunlich ruhig, fast schon kleinstädtisch hier. Kopfsteinpflaster, gusseiserne Laternen, die Häuser haben keinerlei Traufhöhenehrgeiz, bringen es bestenfalls auf drei Stockwerke.

Sieht man über manch schlichten Nachkriegsbau hinweg und schaut nur auf die schönen Altbauten, versteht man, dass Volker Schlöndorff die Straße 1978 als einen der Schauplätze seiner „Blechtrommel“-Verfilmung auswählte. Als Danzig-Darstellerin machte sie ihre Sache gut.

Nach knapp 300 Metern erreicht man die Richardstraße. Das schwarze Eckhaus auf der rechten Seite ist größer, wuchtiger und finsterer als die netten Uthmannstraßen-Häuser. Wie ein grimmiges Antigemütlichkeitsmahnmal verbindet es die beiden Straßen. Recht so, schließlich sind wir immer noch tief in Neukölln. Daran wird man dann auch beim Betreten der im Erdgeschoss gelegenen Kneipe Alter Roter Löwe Rein erinnert: Sie ist beliebt beim internationalen Feierprekariat, wie es auch in den Kneipen der Weserstraße anzutreffen ist.

Verständlicherweise: Der geräumige Laden wirkt vor allem wegen der langen hölzernen Tafeln im Hauptgastraum wie eine bayrische Wirtschaft. Verstärkt wird der urige Eindruck durch Schummer-Beleuchtung, Fischgrätparkett, einen antiken Schrank als Bar sowie ein Hirschgeweih und ein großes Landschaftsgemälde als Dekoration. Außerdem gibt es wohlschmeckendes bayrisches Bier – vom Fass und in Flaschen.

Wegen der schmutzig-verklebten Wände könnte man auf die Idee kommen, dass der Laden schon seit Jahrzehnten hier residiert – allerdings gibt es ihn erst seit 2012. Vorher war hier ein Pub, in dem man Guinness trinken und Dart spielen konnte. Er hieß Old Red Lion Inn, was auch den etwas seltsamen Namen der jetzigen Bar erklärt. In ihrem Logo haben die Betreiber ihn zu Löwe rein! verkürzt.

Manchmal nutzen sie den großen Mittelraum, den man mit einer Schiebetür vom Barraum trennen kann, für Konzerte. Auch hier beweist der Laden meist guten Geschmack. So haben hier schon Maria Hilf (mit Lars Rudolph), Eugene Chadbourne, Alin Coen und Celina Bostic gespielt.

Tritt man nach Konzert, Besäufnis und/oder Cocktailgespräch wieder hinaus in die Uthmannstraße, senkt sich deren Stille wohlig über das Summen im Kopf. Ein paar Schritte über das Pflaster – mit ein bisschen Glück ist er bis zur Karl-Marx-Straße schon wieder klar.

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