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Komische Oper Festival: Ein eleganter "Rigoletto"

Hört, hört! Patrick Lange dirigiert einen eleganten „Rigoletto“ zum Start des „Komische Oper Festivals“.

Bei Gesangs-Shows im Fernsehen nennt man das Schnelldurchlauf: Zum Schluss der Sendung werden alle zur Wahl stehenden Titel noch einmal direkt hintereinander gezeigt. Seit drei Jahren hat sich die Komische Oper dieses Prinzip zu eigen gemacht und präsentiert jeweils im Juli eine Parade der Neuproduktionen ihrer Saison, angereichert jeweils mit einem Vortrag vor der Vorstellung sowie einem Publikumsgespräch hinterher.

Eine Idee, die ankommt: Zum Start des „Festivals“ ist der Saal am Dienstag nahezu ausverkauft, es herrscht vorfreudiges Gewusel in den Foyers, wo die Besucher mit Wein und Live-Salonmusik empfangen werden, unter den Besuchern sind auffallend viele junge Menschen und sogar jede Menge ausländische Touristen. Die Titelanlage in den Stuhllehnen, dank der man den Librettotext jetzt wahlweise auf Deutsch oder Englisch mitlesen kann, ist ja auch eine Neuerung dieser Spielzeit, Ausdruck eines Bemühens, mehr fremdsprachige Opernfans in die Behrenstraße zu locken.

Die „Rigoletto“-Inszenierung aus dem September 2009 steht am Anfang der Leistungsschau: Bei der Premiere kam die unerklärlicherweise im Zirkusmilieu der siebziger Jahre spielende Produktion des designierten Intendanten Barrie Kosky nicht sehr gut weg. Zu selbstverliebt will hier ein Regisseur zeigen, dass er Verdis Vater-Tochter-Drama sogar in einem Raum ohne Türen inszenieren kann – dafür nimmt er dem Publikum sogar die Pause weg: 135 Minuten Geiselhaft beim Herzog von Mantua.

Dass die Chancen für diesen „Rigoletto“ dennoch nicht schlecht stehen, zum Hit der Saison gekürt zu werden, liegt allerdings eher an der Qualität der fünf folgenden Produktionen. Viel hat die Komische Oper wieder gewagt, um ihren Ruf als mutigstes Regisseurstheater der Republik zu verteidigen – und wenig gewonnen.

Immer mehr als Glücksgriff erweist sich dagegen die Wahl von Patrick Lange zum neuen Generalmusikdirektor: Weil sein Chef Carl St. Clair im Machtkampf mit Intendant Andreas Homoki unterlag, rückt der gerade 29-jährige Kapellmeister des Hauses auf und wird ab Herbst dem Orchester der Komischen Oper interimistisch bis 2012 vorstehen.

Lange ist ein Dirigent, dem man gerne zusieht, weil ihm jegliche selbstdarstellerische Pultzappelei fremd ist. Und dem man gerne zuhört, weil er ein tolles Gespür fürs Timing hat, innerhalb der einzelnen Musiknummern äußerst flexibel auf atmosphärische Nuancen reagiert, blitzschnell die Spannungskurve hochschnellen lassen kann, dann die Musik wieder sehr organisch fließen lässt. Die Sänger – Julia Novikova als liebreizende Gilda, der dauerexpressive Hector Sandoval als Herzog, Bruno Capronis etwas zu wuchtiger Rigoletto – können sich bei ihm absolut sicher fühlen. Und das Orchester spielt schlicht exzellent.

Ganz aus der Tradition der opera buffa entwickelt Lange diesen frühen Verdi, achtet auf ein perfekt transparentes Klangbild, entdeckt feine Instrumentationsdetails, lässt vieles leicht und duftig klingen, packt aber auch dramatisch zu, wenn es sein muss. Lediglich dort, wo die Groteske ins Tragische umschlägt, wo der Komponist Blicke in die wunde Seele Rigolettos gestattet, trifft er noch nicht ganz den Ton, der beim Hörer direkt ans Herz greift.

Bis Sonntag folgen beim Festival noch „Don Pasquale“, „Orlando“, „Fidelio“ und „La Périchole“, anschließend geht das Ensemble in den Urlaub. Das Haus wird aber mit den Tourneeproduktionen „Yamato“ sowie „Porgy & Bess“ bis 1. August weiter bespielt. Vom 6. bis 22.8. läuft dann das Jugendorchestertreffen „Young Euro Classic“, bevor das Konzerthausorchester am 26. August seine neue Spielzeit am Gendarmenmarkt einläutet. Das musikalische Sommerloch ist in Berlin definitiv abgeschafft.

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