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Die Motion Capture 3D-Performance "Explorer / Prometheus Unbound" ist im Rahmen des Berliner Theatertreffens zu sehen.

© Jochem Jurgens

Kommentar zum Berliner Theatertreffen: Das Theatertreffen wird zum Allerweltsfestival

Internationale Performances sollen das Theatertreffen erstmals ergänzen, stehen aber in keinem Zusammenhang mit den von der Jury ausgewählten Aufführungen.

Pokalfinalstimmung. Wir fahren nach Berlin. Am Samstag beginnt im Haus der Berliner Festspiele das Theatertreffen 2017. Das System ist einmalig auf der Welt. Sieben Kritikerinnen und Kritiker reisen monatelang durch deutschsprachige Lande, begutachten Hunderte von Neuproduktionen, gehen in Klausur und wählen, wie man so sagt, die zehn bemerkenswerten Inszenierungen eines Jahrgangs aus. Ein irrer Aufwand, aber so funktioniert die Prozedur seit Gründung des Theatertreffens anno 1964. Alles in allem eine Erfolgsgeschichte.

Jury-Entscheidungen sind angreifbar, zum Theatertreffen kommt stets die Diskussion. Oft wird sie heftig geführt. Kritiker irren, zumal wenn sie Kompromisse auskungeln oder eine Mehrheit eine Minderheit überstimmt. Und das Risiko spielt immer mit bei der Live-Kunst Theater. Dass dieses Jahr aber gleich zwei ausgewählte Inszenierungen, „Die Räuber“ aus München (technische Probleme) und der Hamburger „Schimmelreiter“ (Krankheit), in Berlin nicht gezeigt werden können, ist Riesenpech. Die Absagen treffen das Theatertreffen hart.

Es läuft auf die Abschaffung der Jury hinaus

Nun könnte man sagen: Wie gut, dass die Berliner Festspiele überraschend Gastspiele und „Specials“ dazugeladen haben. Internationale Performances sollen das Programm des Theatertreffens in dieser Form erstmals ergänzen.

Das aber weicht das Jury-Prinzip auf, es relativiert den Charakter des Theatertreffens. Die Beiladungen stehen in keinem Zusammenhang mit den Aufführungen, die von der Jury ausgesucht wurden. Sie kommen nicht von Künstlern der ausgewählten Bühnen, sondern sind freihändig kuratiert. Das HAU, die Volksbühne und viele andere Berliner Bühnen bekommen hier von den Festspielen neue Konkurrenz. Sie werden es verkraften. Die Berliner Festspiele aber geben ohne Not ein absolut Eigenes preis. Es läuft auf die Abschaffung der Jury hinaus. Das Theatertreffen verliert das Besondere und wird zu einem Allerweltsfestival. Davon gibt es genug.

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