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Kultur: Kommentar zum Krieg

Sechs Celli pizzen und schrabben auf ihren Instrumenten, klopfen mit den Bögen, glissandieren.Kein Schönklang, sondern zerstörende, knarrende Töne sind zu hören, manchmal fiepsend, dann jaulend wie aufgeregte Sirenen.

Sechs Celli pizzen und schrabben auf ihren Instrumenten, klopfen mit den Bögen, glissandieren.Kein Schönklang, sondern zerstörende, knarrende Töne sind zu hören, manchmal fiepsend, dann jaulend wie aufgeregte Sirenen.Eine sonore Baßstimme erzählt dazu mit kroatischem Akzent von Blumen und Lippen, Leere und Liebe, Sarajewo, Grabstätten und Tod.Manchmal singsangt die Stimme in exhaltiert hohen Lagen.Die große Trommel wird geschlagen.Der Zuschauerraum des Konzerthauses am Gendarmenmarkt ist verdunkelt, nur die wenigen Musiker auf der Bühne werden angestrahlt.Erst gelb, dann grün: Ein unwirkliches Bild.Das Kroatische Requiem von Milko Kelemen (geb.1924) endet im Dunkel.

Das Landesjugendorchester (LJO) Berlin setzt mit diesem kammermusikalischen Mittelwerk seinem Konzert einen nachdenklichen Ruhepunkt.Die schrecklichen Szenen des Kosovokrieges im Hinterkopf, wirkt das Stück besonders eindringlich.Das LJO hat aufgrund der politisch unsicheren Verhältnisse in Jugoslawien seine geplante Proben- und Konzertreise nach Zagreb abgesagt.Trotzdem ist der 80köpfige Akademische Chor "Ivan Goran Kovacic""aus Zagreb gekommen, um wenigstens die beiden gemeinsamen Aufführungen der "Lobgesang" genannten 2.Symphonie von Mendelssohn-Bartholdy mit dem LJO in Berlin zu bestreiten.

Ein stimmgewaltiger Chor mit Vorliebe fürs fortissimo stellt sich vor.Das Mammutwerk umfaßt einen orchestralen Symphonieteil und eine 10-sätzige Kantate mit Chor und Solisten.In den anfänglichen Orchestersätzen spielen die jungen Instrumentalisten mit Eifer und akribischer Konzentration.Manchmal etwas zurückhaltend, fast schüchtern.Genau deshalb kann die Interpretation der Leonoren-Ouvertüre Nr.3 als Eröffnungsstück die dramatische Tiefe von Beethovens Werk nicht ausloten.Der kurzfristig für den Zagreber Dirigenten eingesprungene Kevin McCutcheon hält die Massen gekonnt zusammen, doch ihm, selbst etwas staksig in der Bewegung, fehlt der große Bogen.Trotzdem machen die Freude und das Engagement der jungen Musiker - jenseits der Berufsmusiker-Routine - den Abend zu einem erfrischenden Konzerterlebnis.

CORDULA DÄUPER

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