zum Hauptinhalt

Kultur: Konjunktur: Schwach kann auch stark sein

Als EZB-Präsident Wim Duisenberg auf die Frage nach den Gründen für die permanente Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar souverän erklärte: "Ein Euro ist ein Euro", waren die Devisenhändler sprachlos. Sprüche dieser Art waren sie bis dato nur von den Amerikanern gewohnt.

Als EZB-Präsident Wim Duisenberg auf die Frage nach den Gründen für die permanente Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar souverän erklärte: "Ein Euro ist ein Euro", waren die Devisenhändler sprachlos. Sprüche dieser Art waren sie bis dato nur von den Amerikanern gewohnt. Bei jeder erstbesten Gelegenheit stellte das Weiße Haus die Politik des starken Dollars zur Schau. Der Ausspruch des früheren US-Finanzminsters John B. Connolly: "Der Dollar ist unsere Währung, jedoch euer Problem," beschreibt punktgenau die Haltung, die die Amerikaner trotz Rezession in den vergangenen Monaten immer noch an den Tag legen - America first.

Exportbremse

Nun muss der Euro-Außenwert Europas Notenbankchef nach den Buchstaben des Gesetzes gar nicht interessieren. Die EZB betreibt - wie übrigens die US-Notenbank auch - keine Wechselkurspolitik. Sie steuert den Euro-Kurs also nicht gezielt, um etwa die Wirtschaft anzukurbeln wie es beispielsweise in Schwachwährungsländern wie Frankreich in früheren Zeiten gang und gäbe war. Doch der Euro-Raum, das Europa der Zwölf, repräsentiert heute ein Viertel der globalen Wirtschaftskraft. Ganz egal sollte der Wechselkurs also nicht sein. Zumal er direkte Auswirkungen auf den Außenhandel und auf eine Volkswirtschaft hat - in Deutschland wie im Euro-Raum.

Prinzipiell gilt: Je stärker eine Währung, desto schwieriger wird es für die Exporteure. Denn Waren und Dienstleistungen verteuern sich tendenziell. Die Käufer im Ausland müssen mehr für ihre Wünsche zahlen. Je höher die Abhängigkeit vom Export, desto stärker die Folgen für Wachstum und Beschäftigung. Im Gegenzug kann sich ein Land mit einer starken Währung aber auch billiger mit Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland eindecken.

Umgekehrt gilt: Je schwächer eine Währung, desto leichter wird es für die Exporteure. Denn Waren und Dienstleistungen werden für Käufer im Ausland tendenziell billiger. Dafür aber steigt die Gefahr, dass die Importe die Inflation anheizen. Denn ein Land mit einer schwachen Währung muss mehr für eingeführte Waren und Dienstleistungen bezahlen.

Ein Preisvergleich

Für den Euro gilt: Die ausgprägte Kursschwäche gegenüber dem Dollar, die die Gemeinschaftswährung seit ihrem furiosen Start als Buchgeld vor drei Jahren mehr oder minder permanent begleitet hat, hat nicht geschadet. Obwohl die Abwertung teilweise beachtlich war und sich der Kursrückgang gegenüber dem Einstandspreis von 1,17 Dollar zeitweise Richtung 30 Prozent bewegte. Doch obgleich ein zehnprozentiger Kursrückgang nach Berechnungen von OECD und EU die Teuerung um zusätzlich 0,6 bis 0,7 Prozent nach oben treibt, blieb die Inflation im Euroraum im Schnitt mit rund 2,1 Prozent im grünen Bereich.

Mehr noch: die Wechselkursschwäche hat die Exportwirtschaft auf Trab gehalten. Und: Für Deutschland ist der Euro-Kurs nach wie vor ein hilfreiches Konjunkturprogramm. Immerhin ist Deutschland dreimal mehr vom Export abhängig als die USA, deren Exportquote - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - nur rund zehn Prozent beträgt. Hilft nun der Euro, wenn sich die US-Wirtschaft 2002 wieder erholt? Ja. Denn die in Aussicht gestellte Konjunkturerholung in den USA kommt erfahrungsgemäß eher dem Dollar zugute. Der Wechselkurs ist ja nichts anderes als der Wertmaßstab zweier Wirtschaftsräume; eine Art Preisvergleich, der zurzeit für Amerika spricht. Das heißt aber auch: Der Euro bleibt eher schwach. Und das hilft den Exporteuren im Euro-Raum.

Martina Ohm

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false