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Kultur: Konjunktur: Voller Schwung

Der Abschwung war kurz, aber heftig: Nach einem beispiellosen Boom in den neunziger Jahren stürzten die USA 2001 in eine Rezession. Damit verdüsterten sich die wirtschaftlichen Aussichten für den Rest der Welt, auch Deutschland geriet in den Sog der Krise.

Der Abschwung war kurz, aber heftig: Nach einem beispiellosen Boom in den neunziger Jahren stürzten die USA 2001 in eine Rezession. Damit verdüsterten sich die wirtschaftlichen Aussichten für den Rest der Welt, auch Deutschland geriet in den Sog der Krise. Nun scheint sich das Blatt in den USA zu wenden - es mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Rezession ebenso schnell wieder vorbei sein könnte, wie sie gekommen ist. Das ist auch für Deutschland und Europa eine gute Nachricht. Denn erst wenn die größte Volkswirtschaft der Welt wieder Tritt fasst, kann es auch auf dem alten Kontinent wieder aufwärts gehen.

Sogar eine zunehmende US-Arbeitslosenquote gibt den Optimisten Nahrung. Von 5,6 auf 5,8 Prozent stieg die Quote der Erwerbslosen im Dezember, teilte das Arbeitsministerium am Freitag in Washington mit. Das war der höchste Wert seit sechseinhalb Jahren, 124 000 Stellen gingen verloren. Doch die Arbeitslosigkeit nimmt langsamer zu als in den vergangenen Monaten: Im November hatte es 371 000 neue Arbeitslose gegeben, im Oktober 448 000. "Das Schlimmste ist überstanden, wir durchschreiten gerade die Talsohle", sagte Delos Smith, Volkswirt beim Forschungsinstitut Conference Board.

In Europa hingegen herrscht Stagnation: Im November 2001 waren 8,5 Prozent der Erwerbswilligen in den zwölf Euro-Ländern ohne Stelle, teilte das Statistikamt Eurostat in Luxemburg mit. Allein in Deutschland suchen vier Millionen Menschen einen Job. Zum Ende des Jahres 2001 hat sich die Lage weiter verschlechtert: Von Oktober bis Ende Dezember habe die Wirtschaftsleistung in Deutschland noch einmal abgenommen, berichtete das Bundeswirtschaftsministerium.

Höhere Gewinne erwartet

In Amerika sorgt nicht nur die allmähliche Besserung auf dem Arbeitsmarkt für Optimismus. Die Wirtschaft beginnt wieder zu investieren, vor allem in Computer und Chips. Für Informationstechnik wird die US-Wirtschaft 2002 fünf Prozent mehr ausgeben. Die radikale Kürzung aller Anschaffungspläne besonders für neue Hochtechnologie hatte die Rezession erst ausgelöst. Auch die Geschäftserwartungen der großen Unternehmen werden besser. Im letzten Quartal 2001 erwartete ein Viertel der Firmen höhere Gewinne, im Quartal davor waren es nur 17 Prozent gewesen. Die Verbraucher waren ohnehin furchtlos und schränkten ihre Einkäufe so wenig ein wie bei noch keiner früheren Rezession. Grafik: Die Entwicklung in den USA Dass die Anschläge vom 11. September das Land nicht in den Abgrund gestürzt haben und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bereits im Frühjahr wieder wachsen könnte, ist auch ein Verdienst der Geld- und der Finanzpolitik in Amerika. US-Notenbankpräsident Alan Greenspan hat im vergangenen Jahr elfmal die Leitzinsen gesenkt, um Kredite billiger zu machen.

Aus Angst vor Inflation

Außerdem haben Steuersenkungen die Wirtschaft gestützt. Nach dem 11. September pumpte der Kongress 40 Milliarden Dollar in die Wirtschaft. Und 2002 werden noch einmal Steuersenkungen in der Höhe von 30 Milliarden Mark für Entlastung sorgen. Dabei hatte die Bush-Regierung sogar ein weiteres 100-Milliarden-Dollar-Paket verabschieden wollen. Der Kongress lehnte ab.

Von solchen Summen wagt die deutsche Regierung nicht einmal zu träumen. Sie konnte nicht einmal sieben Milliarden Euro aufbringen, um die für 2003 geplante Steuerreform vorzuziehen. Auch Reformen des Arbeitsmarktes und des Sozialsystems zur Konjunktur-Stimulierung lehnte die Koalition ab. Wenig beherzt agierte auch die Europäische Zentralbank (EZB) - sie senkte trotz Abschwung nur viermal die Zinsen um insgesamt 1,5 Prozent, weil sie sich um die Inflation sorgte. Zu wenig, monieren Experten.

Allein das gute Weihnachtsgeschäft war hier zu Lande ein Konjunktur-Lichtblick. Ansonsten bleibt den Deutschen nur, auf die Erholung in den USA zu warten. Einen Aufschwung ohne Hilfe der Amerikaner hält etwa der Wirtschaftsforscher Rüdiger Pohl aus Halle für nicht denkbar. Der Grund: Gerade die exportlastige deutsche Wirtschaft ist so eng mit den USA verknüpft wie keine andere in Europa. Wächst die US-Wirtschaftsleistung um drei Prozent, legt sie hier zu Lande um ein Prozent zu, hat der Wirtschafts-Sachverständigenrat ausgerechnet. Verantwortlich für die enge Bindung ist die gestiegende Bedeutung der Finanzmärkte und die immer engere Verflechtung der Unternehmen - Beispiel Daimler-Chrysler.

Deshalb hoffen deutsche Wirtschaftsforscher, dass es auch in Deutschland aufwärts geht - nur wenige Monate nach den USA. Ohne eine bessere Lage in Amerika sieht es indes schlecht aus. "Dann", warnt das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft, "ist sogar eine Stagnation nicht auszuschließen".

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