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Kultur: Konsumzombies

TANZTHEATER Ein Knäuel Mensch rollt über die Bühne, industrielle Klänge röhren aus den Boxen, Glieder recken sich aus der Kugel hervor. Dann schälen sich vier Tänzer heraus, richten sich auf, strecken sich, drücken die Brust stolz hervor und bewegen sich mechanisch zu Baustellenlärm.

TANZTHEATER

Ein Knäuel Mensch rollt über die Bühne, industrielle Klänge röhren aus den Boxen, Glieder recken sich aus der Kugel hervor. Dann schälen sich vier Tänzer heraus, richten sich auf, strecken sich, drücken die Brust stolz hervor und bewegen sich mechanisch zu Baustellenlärm. „Ich bin begeistert!“, tönt es mit lauter Stimme. „Und du hast ja auch allen Grund begeistert zu sein, denn du bist ein Gewinner!“ Und dann geht alles ganz schnell: Aus den Gefährten, die sich eben noch eng umschlungen hielten, werden Konkurrenten, ja gar Feinde. Habitus, das neue Stück der Potsdamer „Zen in the Basement Dance Company“ zeigt die Schattenseiten der Leistungsgesellschaft. Da wird aus einem versehentlichen, hektischen Anrempeln ein brutales Herumgestoße, aus einem freundlichen „Sorry!“ aggressives Gebrüll. Die vier Figuren versuchen krampfhaft ihre hochgesteckten Ziele zu erreichen, sie wispern durcheinander „Ich bin der Beste!“ - „Ich schaffe es!“. Ständig sind sie in Bewegung und treten doch nur auf der Stelle - bis sie vergessen haben, wo sie eigentlich hinwollen. Mit viel Witz und Originalität gelingt es der Formation um Heidi Weiss und Jennifer Mann, Individualismus, Erfolgsstreben und Materialismus zu parodieren. Da beginnen die Akteure Klötze aufeinander zu stapeln, wie Häuslebauer schaffen sie sich ihr eigens Reich und wachen eifersüchtig darüber, dass niemand es betritt. Hastig leeren sie Plastiktüten aus, reißen Schaumstoffwürfel an sich, klemmen sie unter ihre Arme, schieben sie in großen Mengen unter ihre weiten Kleider. Konsumzombies. Schließlich sind sie nichts als unförmige, quadratische Gestalten - unfähig sich zu bewegen stolpern sie im flackernden Neonlicht über die Bühne des Dock 11 (Kastanienallee 79, Prenzlauer Berg, täglich bis 8.11., 20 Uhr 30).

Denise Dismer

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