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Bei der Arbeit: Gastdirigent Dmitrij Kitajenko im Berliner Konzerthaus.

© Konzerthaus Berlin/Dan Hannen

Konzerthausorchester in Berlin: Dirigent Dmitrij Kitajenko ohne Zauberkünste

Ihm werden Klangmagie und philosophische Durchdringung der Stücke nachgesagt. Doch der russische Dirigent Dmitrij Kitajenko kann mit Prokofjew und Rachmaninow, die er dem Konzerthausorchester mitgebracht hat, nicht überzeugen. Allein die Hölzer brillieren.

Welche Zauberkünste dem russischen Großdirigenten Dmitrij Kitajenko nicht alles nachgesagt werden: von Klangmagie bis zur philosophischen Durchdringung, und interpretatorische Meilensteine hat er in seiner langen Karriere ja wirklich einige gesetzt. Beim Konzerthausorchester, dem er Prokofjews „Romeo und Julia“ und Rachmaninows chorsinfonischen „Glocken“ mitgebracht hat, ist von einem Wunder indes wenig zu hören.

Leidet schon die Auswahl aus der Ballettmusik an dramaturgischen Schwächen, wird spätestens beim spätromantischen Glockenschwulst klar, dass es Kitajenko nicht gelingt, große, verbindende Bögen zu spannen. In einer hektischen Atmosphäre versickern Phrasenschlüsse im Ungefähren, setzen unterschiedliche Instrumentengruppen die Pultanweisungen verschieden um, es fehlt insgesamt an Klarheit, Stringenz. Abgesehen davon macht es das Konzerthausorchester dem sparsam schlagenden Dirigenten nicht leicht mit ungewöhnlich vielen Ungenauigkeiten in der Intonation, aber auch im Zusammenspiel. Durch stupende Sauberkeit bezwingen nur die Hölzer: Sie haben sich im Konzerthausorchester schon seit langem zu einer großartigen Einheit formiert.

Man könnte Kitajenkos Zurückhaltung als Abschwur vom Glauben sehen, interpretatorischen Ideen irgendeine Endgültigkeit zuzugestehen. Immerhin hat der 73-Jährige die meiste Musik schon über Jahrzehnte hinweg dirigiert. Es spräche für ihn, immer wieder jede Partitur neu zu befragen. Anders ist seine Unentschlossenheit kaum zu erklären. Spielentscheidend ärgerlich ist das dennoch nicht, denn insbesondere der Tschechische Philharmonische Chor aus Brünn beweist, wie man sich als Massenensemble ein Kammerchortimbre bewahren und ein stolzes Volumen ohne unangenehmes Forcieren erreichen kann. Aber auch die exzellenten Solisten, allen voran Bassist Alexander Winogradow, geben Anlass zu heller Verzückung. Leider werden sie zu oft vom Orchester zugedeckt. Aber das liegt dann doch eher an Rachmaninows Ungeschicklichkeit.

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