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Kultur: Krieg die Hütte

Wohin, wenn das Haus weg ist? Ein Architektur-Workshop

Moderne Großstädte sind verwundbar. Das wurde Japan in den Neunzigern mehrmals schmerzlich bewusst. Die Aum-Sekte terrorisierte Tokio. Kobe wurde durch ein verheerendes Erdbeben zerstört, Zehntausende Menschen wurden obdachlos, die Infrastruktur brach zusammen, die Menschen mussten sich selbst Notunterkünfte zimmern: aus Pappe, Wellblech, aus allem, was gerade zur Hand war.

Dieses Erdbeben ist Ausgangspunkt für einen Workshop, den der japanische Architekt Akira Suzuki im Rahmen der Berlin-Biennale am vergangenen Wochenende in den Kunstwerken veranstaltete. Als er 1995 auf den Fotografen Ryuji Miyamoto traf, der im Schutt zerfallender Wohnblocks Aufnahmen von improvisierten Notunterkünften gemacht hatte, kam ihm eine Idee: „Selfbild shelters“. Eine Berliner Schulklasse soll aus 8000 alten Zeitungen Hütten errichten, aufs Nötigste reduzierte, menschliche Behausungen. Die Aufgabe lautet: Wie konstruiert man Wohnkörper aus Materialen, die selbst dann noch zu haben sind, wenn alles andere futsch ist? Suzuki will damit auf die ursprüngliche Idee des Bauens zurückkommen. Denn wie ein Haus gebaut werden kann, ist für die Architektur kein Geheimnis. Woran es mangele, sind Konzepte. Krisen-Konzepte. Die Zeitungsstapel werden um einen Türrahmen aus Sperrholz zu iglu-ähnlichen Kuppelbauten geschichtet. Nach zwei Tagen und einigen grundlegenden Experimenten zu Geometrie und Statik sind vier Hütten fertig. Die Kinder haben ihren Spaß an der spielerischen Katastrophen-Übung.

Karl Hafner

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