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Kultur: Kriegskunde

Schiller in Neukölln: Steins „Wallenstein“-Marathon

Kino ist ein Schlachtfeld. Das große Wort des Action-Philosophen Samuel Fuller trifft manchmal auch auf das Theater zu. Nach jahrelanger Vorbereitung und endlosen Wirren – ursprünglich war Gert Voss für die Hauptrolle vorgesehen, und die Premiere sollte in Frankfurt stattfinden – hat sich gestern Nachmittag der „Wallenstein“-Tross in Bewegung gesetzt, Peter Steins Schiller-Marathon in der ehemaligen „Kindl“-Brauerei in Berlin-Neukölln. Klaus Maria Brandauer als Feldherr im Dreißigjährigen Krieg: lange Mäntel, dicke Schwerter, klirrende, stampfende Reime. Sieben Jahre nach dem „Faust“ will Peter Stein noch einmal einen Achttausender der klassischen deutschen Dramatik besteigen.

Beeindruckend ist in jedem Fall die Logistik für die 1200 Zuschauer in der Halle mit ihrer Breitwandbühne. Walter Schmidinger spricht einen anrührenden Prolog. „Wallensteins Lager“, der erste Teil, spielt im Kunstschnee. Zelte, Hellebarden, bunte Waffenröcke und ein Spielmannszug: Es hebt an mit einem großen Landsknechtspalaver, Theater wie aus der Zeit gefallen. Peter Stein pinselt die böhmischen Dörfer mit größter Liebe zum Detail aus. Zum zweiten Teil, dem „Piccolomini“, ist die Bühne leer geräumt, jetzt herrscht ein scharfer Strategenton. Brandauer tritt sogleich auf wie der Chef, mit beißendem Spott für den kaiserlichen Gesandten, der ihm die Kriegskunst aus den Händen nehmen will. Zart entspinnt sich die Liebesgeschichte von Thekla und Max Piccolomini. Herausragend im Riesenensemble Jürgen Holtz und Peter Fitz als verschworene Offiziere.

Zu Beginn von „Wallensteins Tod“, dem dritten Teil, kommt Brandauer sonderbar ins Straucheln. Sein und Steins Schicksal entscheidet sich erst um Mitternacht (Ausführlicher Bericht folgt). R.S.

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