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Kultur: Kulturkämpfer

Die Stadt München ehrt ihren Opernintendanten Peter Jonas

Sie haben nicht viel miteinander im Sinn, die Bayern und die Briten. Was den einen die Weißwurst, ist den anderen das Porridge, was diesen Camilla Parker Bowles, ist jenen die Pfändung der Strauß‘schen Familiengruft – und der Rest wird entweder unter feindlicher Übernahme (Rover durch BMW), Niedergang des Abendlandes (das jeweilige Bier) oder „Lang lebe der Sandalenfilm!“ verbucht (Bayern gegen ManU). Peter Jonas hat also gewusst, auf was er sich einließ, als der damalige bayerische Kunstminister Zehetmair ihm 1990 zum dritten (!) Mal die Intendanz der Münchner Staatsoper antrug – im Übrigen werden seine hanseatischen Wurzeln das gegenseitige Unbehagen eher noch verstärkt haben.

Heute, im Jahr 12 der Ära Jonas, blickt die Bayerische Staatsoper auf eine funkelnde Erfolgsgeschichte zurück. Auslastungszahlen von über 90 Prozent, Einnahmesteigerungen - und lautes Ächzen: 3,2 Millionen Euro soll das Haus im laufenden Spielbetrieb einsparen. Da liegt der Verdacht nahe, der Kulturelle Ehrenpreis, den Sir Peter jetzt erhielt, sei in erster Linie als städtische Beschwichtigungsmaßnahme zu verstehen, ja als Knebel. Jonas freilich wäre nicht Jonas, wenn er sich auf solch schnöde g‘schaftlhuberische Weise den Mund verbieten ließe. Er habe durchaus darüber nachgedacht, ob er den Preis annehmen solle, gab er in seiner Dankesrede unumwunden zu – nicht ohne auch von „zerschlagenen Illusionen“ zu sprechen oder an die Publikumstumulte zu erinnern, die Kultproduktionen wie Händels „Giulio Cesare“ anfänglich begleiteten.

Während Münchens Oberbürgermeister Christian Ude sich in peinlicher Jovialität daran versuchte, die Kürzungen (350000 seitens der Stadt) als „Akt der Solidarität“ zu deklarieren, konterte Elisabeth Schweeger, die Laudatorin: In einer Zeit, in der Kant auf dem Weg zur ADAC-Notrufsäule sei, müsse das „anarchische Potenzial“ in der Kunst neu entzündet werden. Jonas machte dies konkret: In 27 Jahren hätten die Peloponesischen Kriege die griechische Hochkultur dem Erdboden gleich gemacht; nur acht Jahre (von 1933 bis 45) wären nötig gewesen, um die Deutschen ihrer Identität, ihrer Seele zu berauben. Ausgerechnet in München, das übers Jahr mehr Kulturinteressierte hat als Wies‘nbesucher und Fußballfans zusammen, drohe nun Vergleichbares – in noch kürzerer Zeit.

Christine Lemke-Matwey

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