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KUNST Stücke: Alle wieder da

Die Farbe ist in transparentes Paraffin gekratzt, gespachtelt, gehaucht. Heike Jeschonnek arbeitet mit einer alten Technik.

Die Farbe ist in transparentes Paraffin gekratzt, gespachtelt, gehaucht. Heike Jeschonnek arbeitet mit einer alten Technik. Sie benutzt Wachs, um Papiere zu grundieren und fantastische Landschaften auf der Netzhaut entstehen zu lassen. Ein wenig unscharf, fast wie in einem Traum wird ein Zebra auf eine moderne Arche Noah geladen. Eine Giraffe steht bereits auf Deck. Männer heben Kisten. „Keine Rettung“ heißt die großformatige Arbeit (8400 Euro), die mit einem Kontrast aus Zartheit und grafischer Kühle besticht. Ein ähnliches Phänomen findet der Betrachter bei „blinder Passagier“ (6400 Euro). Architektur und Technik als geometrische Linien beherrschen den Bildraum. Menschen, eingerahmt von ornamentalen Naturmustern, sind in die Ecke gedrängt. Ein Mann mit Hut schlägt die Hände vor sein Gesicht. Einsam.

Die Kunst von Jeschonnek ist eine Kunst der Gegensätze. Zart trifft auf hart, einige Stellen sind verwischt, andere glasklar. Gegensätze, wie sie sich auch in den neuen Galerieräumen wiederfinden, die Werner Tammen (Hedemannstraße 14, bis 4. Juni) seit dem Berliner Gallery Weekend mit Jeschonneks Arbeiten bespielt. Das Haus aus der Gründerzeit bietet jegliche Voraussetzung, um Kunst nach seinen Vorstellungen zu präsentieren. Hohe Decken, lichtdurchflutete Räume, vier große Schaufenster, die das Leben draußen mit der Kunst im Innenraum verbinden. Auf der anderen Straßenseite: 70er Jahre Sozialbauten, Waschbeton, Mini-Balkone, Satellitenschüsseln. Ambivalenzen, die Tammen begrüßt. Die sich nicht klassifizieren, in eine Schublade stecken lassen. Einen „Unort“ nennt er ihn.

Alles andere als das sind die neuen Räumlichkeiten der Galerie Peter Herrmann (Potsdamer Straße 98 A, Eröffnung heute, 7. April, ab 19 Uhr). Der Spezialist für afrikanische Kunst möchte einen Ort schaffen, an dem man gerne verweilt. Hier rankt sich Efeu um das geschichtsträchtige Atelierhaus, in dem Käthe Kollwitz und Paula Modersohn-Becker Malerei studierten. Heute stehen hier afrikanische Skulpturen neben zeitgenössischer Fotografie und Malerei der klassischen, afrikanischen Moderne. Wer sich wie Herrmann auf ein geografisches Gebiet spezialisiert, kann quer durch Stile und Epochen ausstellen, ohne sich zu verzetteln. Das Bild „Le Tourment“ (22 000 Euro) des Kongolesen Chéri Samba thematisiert Afrikas Armut mit figurativer Malerei und Collage-Elementen und ist bereits verkauft. Die Fotografie Nr. 31 aus der Serie „Devils Dexterity“ (5000 Euro) von George Osodi berührt: Fast wie ein Gemälde mutet die Komposition an, die einen zertrümmerten Lkw auf einer Straße in Nigeria festhält. Für den Künstler ist die Fotografie Mittel für Kommunikation und Veränderung. Die Kamera, sagt er, hat er immer bei sich. Um jeden Moment, der von Bedeutung sein könnte, festzuhalten.

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