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In der Schwebe. Moritz Schleimes "Cocakieka", 180 x 260 cm, 2012, Öl auf Leinwand.

© Courtesy Wendt+Friedmann, Berlin

KUNST Stücke: Endzeiten

Wenn Figuren fleischlich werden und schwarze Tusche aus Wunden tropft, auf Bildern, die „Don’t touch Daddy’s bottle“ (6955 €) heißen, „Argument over a beer“ (4280 €) oder „Children’s party where critical journalists aren’t welcome“ (7918 €), dann bietet auch ein brennender Wohnwagen keinen Trost als humorvolles Spiel mit niederländischen Klischees. Zu brutal schlägt dem Betrachter Diabolisches entgegen, zu nackt, zu kalt, zu böse.

Wenn Figuren fleischlich werden und schwarze Tusche aus Wunden tropft, auf Bildern, die „Don’t touch Daddy’s bottle“ (6955 €) heißen, „Argument over a beer“ (4280 €) oder „Children’s party where critical journalists aren’t welcome“ (7918 €), dann bietet auch ein brennender Wohnwagen keinen Trost als humorvolles Spiel mit niederländischen Klischees. Zu brutal schlägt dem Betrachter Diabolisches entgegen, zu nackt, zu kalt, zu böse. Hier und da schimmert dunkles, unheilvolles Wasser, werden Grachten zu Grotten der Unterwelt. Aaron van Erps Bilder sind Tatorte, sein Humor ist so dunkel wie die Welt der Ölbilder, aus denen er grobe Männlein grell hervortreten lässt. Mit Schlagstöcken, Krücken und Schwertern verstümmeln sie einander, verlieren Hand und Fuß. Dass Francis Bacon ihn beeinflusste, verheimlicht der 1978 geborene Niederländer van Erp nicht. Seine neuen Zeichnungen auf Packpapier, die die Galerie FeldbuschWiesner (Linienstraße 155, bis 22. Dezember) erstmals in Deutschland zeigt, akzentuieren das Rohe und Raue seiner Szenerien in besonderer Weise. Hinzu kommen Bierkästen, Colaflaschen, Jogginghosen, Unterhosen – Accessoires der Unterschicht werden bei van Erp Sujets.

Dass Wein- und Bierflaschen auch als Accessoires zum Nachtleben gehören, zeigen Moritz Schleimes Ölgemälde wie „Liebe ist das Kind der Freiheit“ (9400 €). Seine Figuren dominieren allein oder zu zweit den Bildraum. Ab und an fehlen auch ihnen Füße, mit einer Ausnahme schweben oder fallen sie, so wie auf „Cocakieke“ (s. Foto). Fahle, leblose Gesichter und Zotteln am Leib erinnern mitunter an Vogelscheuchen. Totenköpfe und Knochen scheinen zu mahnen, dass Flug gleich Fall sein kann – „natürlich auch im Kunstzirkus“, sagt Galerist Andreas Wendt von der Galerie Wendt + Friedmann (Heidestraße 54, bis 22. Dezember). „In den neuen Bildern geht es um verlorene Bodenhaftung und Fragen der menschlichen Existenz. Vor allem als Künstler weiß man nie: Trägt das Terrain, auf dem ich mich befinde?“ So könne das Motiv des Totenkopfes als moralische Warnung verstanden werden, als tief protestantischer Ansatz. Schriftliche Kommentare gibt es aber ebenso auf den stark von Streetart geprägten Werken selbst. Schleime hat dort auch Sprachspuren hinterlassen. „Bon Jovi“ ist da zu lesen, „Alive“, „knorke“ – und immer wieder: Berlin.

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