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KUNST Stücke: Farbrauschen

Matthias von Viereck macht sich mit kräftigen Tönen vertraut

Mensch, Affe, Hund? Peter Stauss erzählt auf seinen meist großen Tableaus von Hybridwesen, deren enigmatisches Tun zutiefst beunruhigt. Der Maler bedient sich einer Farbpalette, die von Hellrosa über Türkis bis zu waldigen Grün- und Brauntönen reicht. Überhaupt: die Farben. Stauss verwendet sie höchst suggestiv, ohne sie mit allzu klarer Bedeutung zu überfrachten. Der ehemalige Meisterschüler von Bernd Koberling sampelt aus verschiedenen Kontexten: Firmenfarben globaler Player tauchen genauso auf wie die Erkennungsfarben oder Embleme von Staatenlosen, etwa den Basken. Dass der Auftrag zwischen opak und brüchig changiert, mal sehr pastos und mal flächig ist, macht die Ölgemälde ungeheuer vital und plastisch präsent. Faszinierend auch die kunsthistorischen Versatzstücke, die der Maler lässig in seine Bilder einflicht: hier eine Verwischung in der Manier von Gerhard Richter, da ein Caravan wie aus Neo Rauchs Postsozialismus, dort geometrische Formen im Stile eines Malewitsch. Was Stauss’ apokalyptische Mischwesen allerdings umtreibt, woher ihr Leid (das ihnen ins Gesicht geschrieben steht) rührt, bleibt dagegen ein Rätsel. Vielleicht hilft ein Blick in Kafkas „Strafkolonie“: Von dort nämlich stammt der Titel der Ausstellung in der Galerie Crone: „Sei gerecht!“ (Rudi-Dutschke-Straße 60, bis 30.6.).

Auch ein großer Kolorist ist Joel Sternfeld. Neben William Eggleston oder Stephen Shore gehört er zu jenen Künstlern, die in den siebziger Jahren die Farbfotografie vom Ruch des Banalen befreiten. Ein Verdienst, das man nicht hoch genug schätzen kann und ohne das Stars wie Andreas Gursky oder Jeff Wall kaum denkbar wären. Umso erstaunlicher, dass Sternfeld nun erstmal mit einer Solo-Schau in Deutschland gewürdigt wird. Farborgien in Technicolor findet man bei ihm selten. Doch zweifellos ist der Amerikaner ein Meister der Farbenlehre. Da wäre die Aufnahme eines Blinden inmitten der prächtigen Flora seines Gartens 1984 in Alaska. Erst im Kontrast zur grauen Gestalt entfaltet das Violett des Rittersporns seine volle Strahlkraft. Und dann, ganz plötzlich, offenbart sich die Tragik des Bildes: Wird doch der Alte die Schönheit seines Gartens nie mehr sehen können. Dass Farbe stets des Lichts bedarf, um zu erblühen, führt Sternfeld auf einem Foto von 1979 eindringlich vor. Ein schmaler Streifen Sonnenlicht legt sich da über eine Gruppe von Motorradfahrern – großartig, wie der Fotograf hier den „entscheidenden Augenblick“ abgepasst hat. Auch von der Malerei hat Sternfeld, der früh mit Farbtheorien experimentierte, gelernt. Bewundernswert sein Sensorium für Hell-Dunkel-Kontraste und subtile Korrespondenzen. Die Schau in der Buchmann Galerie zeigt Sternfeld als Bilderfinder und Bilderfinder zugleich (Charlottenstraße 13, bis 21.6.).

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